Nur läuft die ersten zwei Akte durch nur diese Mikrohandlung. Wie im Stummfilm laufen Bühne und Musik da nebeneinander her. Nur die roten Aufnahmelämpchen signalisieren die Wechsel, wo jetzt Loys Inhalt gespielt oder Strauss‘/Hofmannsthals Oper aufgenommen wird, ob die Darsteller nun gerade Sänger bei der Aufnahme oder Figuren dieser Aufnahme sind. So wird viel gesessen und gestanden, gerade Anne Schwanewilms Kaiserin hat als unsichere Beobachterin nur sehr wenig szenisches Entwicklungspotential – musikalisch erleichtert es ihr, die ganz großen Bögen weit zu spannen. Gefährdet ist sie nur in den Ausbrüchen im zweiten Akt, wo in bei der Premiere ausgerechnet bei der Verfluchung der Amme sehr wirkungsvoll die Stimme kurz weg bricht.
Wie ihr Christian Thielemann und die balsamischen Wiener Philharmoniker das ermöglichen und dabei einen musikalischen Sog sondergleichen entwickeln, ist mustergültig. Wunderbar sind die Farben gemischt und die Motive herausgearbeitet, Thielemann atmet mit den Sängern und breitet die emotionalen und dynamischen Tiefen der Partitur prächtig aus. Einiges wäre vielleicht feiner denkbar, aber kaum wirkungsvoller.
Und dann der dritte Akt: Nach gut drei Stunden funktioniert die Inszenierung auch im Grossen und wird packend, weil jetzt die innere Entwicklung der Kaiserin im Zentrum steht und die Parallelführung der beiden Handlungen aufgeht – etwas spät und nach gewisser szenischer Durststrecke, aber nun sehr überzeugend. Konsequent unterläuft Loy auch die Schlussapotheose mit der einzigen nachvollzogenen szenischen Verwandlung und dem Sprung vom Aufnahmestudio in eine sehr österreichische Weihnachtsfeier. Die junge Sängerin ist wider Erwarten als Solistin angekommen, auch wenn sie’s gar nicht mehr glaubte. Wie die Inszenierung.