Drei Kritiker der DEUTSCHEN BÜHNE tauschten sich während der Premiere über WhatsApp aus. Lesen Sie hier das Ergebnis der ersten offiziellen WhatsApp-Kritik:
–       Text, Lärm, Licht
–       Dunkel. Wind. Meeresgeräusche. Motoren. Ein Suchscheinwerfer
–       Sehr atmosphärisch. Erst mal keine Textflächen
–       Ja, Containerschiff-Atmosphäre
–       Aber zuerst technisch, nicht menschlich
–       Dunkle Gestalten. Theater noir
–       Mehr Lärm
–       Wasser? Fluglärm?
–       Wasser. Und war da nicht ne Möwe eben (Hafen)?
–       Vorne schimmert bürgerlicher Raum durch
–       Vier schwarz gewandete Sprecher
–       Schutzflehende sind also erstmal abwesend
–       Bürgerliche Diskussion über seltsame, fremde Wesen
–       Sehr gedämpft
–       Was machen wir mit ihnen?
–       Handy auch auf der Bühne
–       Sprechen über Video mit Geköpftem
–       Zynismus oder Moralpredigt? Schöne Gratwanderung bisher
–       Eine Gruppe (Bürgerliche), aber mit verschiedenen Perspektiven
–       Mich erreicht der Sprachwitz und -biss nicht
–       Wegen WhatsApp?
–       Der ältere Schauspieler (Hartmut Stanke) kann für mich bisher mit der Sprache am besten umgehen
–       Auch räumlich aufgebrochenes Kammerspiel
–       Das ist ein schöner Ansatz
–       Kaffeekränzchen
–       Tee
–       Das sind Leute wie wir. Erkenntnis ohne Folgen.
–       Und sind diese Sprecher Menschen wie wir?
–       Schon wie wir, ja.
–       Finde schon. Erste laute Schmunzler im Publikum
–       “Die Freiheit brauchen wir für die Freizeit” – das sitzt, wenn auch leise gesprochen
–       Wir sind also auch nicht frei?
–       …von Vorurteilen
–       Neue Geräusche
–       Eine Pause. Geräusche einer fernen Menschenmenge. Vielleicht nicht ganz so fern
–       Man neigt so dazu, nur Stichworte zu schreiben
–       Stimmt. Sie reden wieder. Eine Teegesellschaft? Wie bei Alice im Wunderland
–       Jelinek verbindet auch Stichworte
–       Und zeigt so die Entfremdung der Menschen voneinander
–       Grandioser Text über „die Fremden“
–       Ich hab den Eindruck, die Schauspieler haben sich warmgespielt
–       Sprache läuft besser
–       Ja
–       Und wieder Meereswellensound
–       Und klassische Harmonien
–       Kleiner Umbau
–       Operngesang
–       Opernhafte Großbürgergestaltem
–       Erinnert an Zeit nach dem Erstem Weltkrieg (Adel kann sich nicht mehr so abheben von der restlichen Gesellschaft)
–       Angst vor Bedeutungsverlust
–       Mehr Diskrepanz zwischen Optik und Inhalt geht kaum. Böse
–       Oh ja
–       Würde ich aber nicht psychologisch deuten
–       Geht halt um willkommene Fremde: Netrebko
–       Netrebko-Orgasmus. Solche Fremde wollen wir
–       AfD-mäßig: Gute Fremde – Schlechte Fremde
–       Da: Eindringlinge
–       Kakophonie als Chor
–       Mit kakophoner Toncollage und Kapuzenpullis
–       Bislang nur Statisten
–       Sie stehen jetzt aber da und sind nicht mehr wegzudenken – realer
–       Trotzdem eine Art unsichtbare Wand zwischen Eindringlingen und der bürgerlichen Gruppe
–       Die reden einfach weiter, als ob die Fremden nicht da wären
–       Der junge Mann ist ein schönes Arsch
–       Oder alle
–       Erste Berührung
–       Werden fortgeschickt
–       Abschiebung
–       Gehen stumm von der Bühne
–       Auch ein sehr österreichischer Text
–       Die Dimension und Textpartien der antiken Tragödie fehlt in dieser Inszenierung
–       Haben wir das schon festgehalten: Gruppe besetzt aus zwei meinungstarken Männern, zwei eher beschreibenden Frauen
–       Jazziger Übergang
–       Vier Kapuzenpullimämner um großen Leuchter
–       Wieder weg
–       Schauspieler back in black nach eher überflüssiger Umbaupause
–       In der Pause wären Fremde fast zu Wort gekommen. Fand ich gut
–       Jetzt hängt es ein bisschen. Wiederholungen
–       Aber jetzt finde ich es auch eher wiederholt
–       „Ich hab alles schon gesagt, aber ihr habt immer noch nichts gehört“ – großartig, also die Sprache
–       Jetzt werden die Wiederholungen zum Thema. Geschickt
–       Eine stille Jelinek Aufführung
–       Manchmal zu moderat?
–       Bleiben auch wir (Publikum) in dieser Position, dass wir nur über die Schutzflehenden sprechen können (immer wieder), aber näher kommen sie nicht?
–       „Ihr habt ja nichts zu befürchten.“ Sie sind halt gar nicht da
–       Jetzt kommen sie nochmal – angespült
–       Und lesen biographische Texte über ihre Flucht in ihrer Heimatsprache vor
–       Licht im Publikum
–       Ein Schauspieler liest Übersetzung vor
–       Bittere Selbstanzeige der bürgerlichen Gesellschaft. Die Flüchtlinge haben das letzte Wort. Überzeugendes 80-minütiges Jelinek-Konzentrat. Unspektakulär, aber inhaltlich präzise.
–       Am überzeugendsten bleibt Jelineks Sprache, der Text
–       Moderater Beifall , Bravos kommen auf    
 
Hier der Link zu unserer Uraufführungskritik des Stücks: http://www.die-deutsche-buehne.de/Kritiken/Schauspiel/Elfriede+Jelinek+Die+Schutzbefohlenen/Differenziert+emotional