Foto: Guido Hackhausen und Stephanie Krone (vorn) in Wagners "Liebesverbot" an den Landesbühnen Sachsen. © Robert Jentzsch
Text:Ute Grundmann, am 10. Dezember 2012
Die zornige Isabella singt den Ankläger Friedrich so lange nieder, bis der selbst im Gitterställchen des Angeklagten landet und sich wie eine Marionette nach den Gesten ihrer Hände bewegt. Eine eindringliche, zugespitzte Szene, wie es sie leider zu wenige gibt in der Inszenierung, mit der Hinrich Horstkotte Richard Wagners „Das Liebesverbot“ auf die Landesbühnen Sachsen in Radebeul bringt. „Große Komische Oper“ nannte der 22-jährige Komponist selbst sein zweites Bühnenwerk – und Regisseur Horstkotte interessiert sich in der Tat entschieden für das Komische und Eindeutig-Naheliegende.
Da wird der Karneval unterm Rotlicht von Glühbirnen gefeiert, und wenn der Polizeichef mit gezogener Waffe das Liebesverbot verkündet, verschwinden die Bilder nackter Frauen flugs hinter Parolen. Im Kloster schläft die ältere Nonne am Harmonium beim frommen Gesang zweier Mitschwestern prompt ein, und Luzio bringt Isabella nicht nur Claudios Bitte um Hilfe, sondern grabscht auch ein bißchen. Und im Gerichtssaal gibt es eine aus der Wand raus- und reinzuschiebende Klokabine, die natürlich benutzt wird, und deren Tür natürlich jemand an den Kopf kriegt. Und in einer Szene schlecken Isabella, Dorella und Luzio Eis aus dem Hörnchen, warum auch immer. Das alles spielt irgendwo zwischen den 20er Jahren und heute, jedenfalls den Kostümen nach (ebenfalls Horstkotte), und Richard Wagner, dessen Konterfei wie ein Steckbrief am Vorhang hängt, schaut dem Treiben zu.
Liebeshändel und -getändel stehen deutlich im Mittelpunkt, der Widerstreit zwischen Sittenstrenge und Lebenslust, den Wagner eigentlich zeigen wollte, kommt nur nebenher zum Tragen. Und so wirkt die düstere Szene, in der Friedrich (Paul G. Song) unter einer roten Lampe seinem „so wohlgeordneten System“ nachtrauert, fast wie fehl am Platz. Und so geht es denn auch schnell weiter mit dem nächsten Karnevals-Fest von Chor und Solisten, bei dem der strenge, aber verliebte Sittenwächter Friedrich als Narr mit Schellenkappe erscheint.
Und mit solchen bunten Bildern – langwierige Umbauten nach jedem Bild hemmen den Erzählfluss deutlich – plätschert dieses „Liebesverbot“ vor sich hin, szenisch und auch musikalisch. Denn auch die _Elbland Philharmonie Sachsen_ unter ihrem GMD Christian Voß vermag keine wirklichen Akzente zu setzen. Dafür einige Sänger: Stephanie Krone ist eine wunderbar flammend-empörte Isabella; komisch überzeugt Michael König als Chef der Sbirren, der in einem Lohengrin-Kostüm und den Armen von Dorella (schön kess: Miriam Sabba) endet. Und der von Sebastian Matthias Fischer einstudierte Chor überzeugt in seinen vielen prägnanten Szenen, steht allerdings ein bißchen oft an der Rampe.