Foto: "Gloriana" an der Hamburgischen Staatsoper. Robert Murray, Clive Bayley, Amanda Roocroft, Rebecca Jo Loeb, Hellen Kwon, Chor der Hamburgischen Staatsoper, Statisten, Musiker der Philharmoniker Hamburg (oben) © Brinkhoff/Mögenburg
Text:Elisabeth Richter, am 26. März 2013
Anlässlich der Krönung von Elizabeth II. 1953 schrieb der damals bereits berühmte, noch nicht 40-jährige Benjamin Britten eine Oper mit dem Titel „Gloriana“, in der es um Elizabeth I. geht. Die legendäre Königin hatte in ihren letzten Lebensjahren einen 30 Jahre jüngeren Favoriten, den Earl of Essex, der eine Revolte anzettelte und dafür mit dem Tod bestraft wurde. Elizabeth I. musste sein Todesurteil unterschreiben. Bei der Uraufführung war Brittens Oper kein Erfolg, und bis heute stand das Werk selten auf den Spielplänen, selbst in England. Jetzt hat es die Hamburgische Staatsoper anlässlich des 100. Geburtstages von Britten in einer Inszenierung des Regisseurs Richard Jones herausgebracht.
Für Regisseur Richard Jones ist „Gloriana“ ein kulturelles Artefakt – und das zeigt er auch in seiner Hamburger Inszenierung. Theater auf dem Theater. Als Elizabeth II. 1953 gekrönt wurde, spielte man im ganzen Land in „coronation halls“ (Krönungshallen) Theaterstücke zu Ehren der jungen Königin. Bei Richard Jones spielt „Gloriana“ als elisabethanisches Theaterstück 1953 in einer „coronation hall“ in Anwesenheit Elizabeth II..
Farbenfrohe Kostüme hat Bühnenbildner Ultz entworfen, sie erinnern in ihren Formen an die Tudor-Zeit, sind aber durch die romantisierende Brille der 1950er Jahre gesehen. Genauso artifiziell stilisiert sind die sparsamen Requisiten. Die Schauplätze der Handlung, Häuser in London, ein Boot auf der Themse oder am Ende der Londoner Tower, wo der aufmüpfige Essex einsitzt, sind zum Teil nur bemalte Stellwände. Richard Jones hat mit dem Ensemble fast durchweg ein kurzweiliges Spiel erarbeitet, zu den vielen Chorpassagen oder den Tänzen im zweiten Akt gab es Ballett-Einlagen, und sogar die Sänger tanzten. Jones beließ das Werk allerdings ganz in den 1950er Jahren. Was „Gloriana“ uns im 21. Jahrhundert sagen könnte, dazu wollte er nicht Stellung nehmen. Er zeigte nicht, dass man heute weiß, dass das England um 1600 ein Polizeistaat war, und auch sonst einiges im Argen lag. Sehr gut vermittelte sich allerdings der persönliche Konflikt Elizabeth I. zwischen privatem Gefühl und Staatsraison.
Auch musikalisch kann man die Hamburgische Staatsoper zu dieser Neuproduktion beglückwünschen. Sängerisch gab es eine sehr homogene Ensemble-Leistung. Robert Murray als Essex gefiel mit seinem leichten Tenor besonders in den lyrisch-verliebten Passagen. Und Amanda Roocroft als Elizabeth I. spielte den Zwiespalt der Monarchin sehr authentisch und sängerisch überzeugend. Dirigentin Simone Young fand am Pult der bestens präparierten Philharmoniker Hamburg eine gute Balance zwischen dem opulent-pompösen und dem intimen Charakter der Musik.