Foto: Moritz Führmann und Christoph Luser in "Karte und Gebiet" im Kleinen Haus des Düsseldorfer Schauspielhauses. © Sebastian Hoppe
Text:Stefan Keim, am 17. Oktober 2011
Mit „Hamlet“ wollte Düsseldorfs neuer Schauspielintendant Staffan Valdemar Holm seine Intendanz beginnen. Doch das große Haus ist noch Baustelle, also rückte (nach dem Start des Jungen Schauspielhauses mit „Nichts“) die zweite geplante Premiere an den Anfang. Falk Richter, einer der neuen Hausregisseure, inszenierte die Theaterfassung von Michel Houellebecqs Künstlerroman „Karte und Gebiet“.
Es ist ein deutlich milderer Text als von Houellebecq gewohnt. Die größte Provokation richtet er gegen sich selbst. Da wird ein Autor namens Houllebecq von einem wahnsinnigen Serienkiller so heftig zerstückelt, dass seine Überreste an ein action painting von Jackson Pollock erinnern. Der Autor stilisiert sich zum Opfer des grässlichsten Mordes der französischen Kriminalgeschichte, eine seltsame Form des Narzissmus. Doch im Zentrum steht eine erfundene Figur, der Künstler Jed Martin, der erst alle Dinge fotografiert, die Menschen jemals produziert haben, dann am Computer Straßenkarten bearbeitet und schließlich Porträts berühmter Leute malt. Damit wird er reich und berühmt. Dann kauft er sich ein großes Gebiet, das er aus der Perspektive der Pflanzen abfilmt, ganz ohne kommerzielles Interesse.
Eine Haltung zum Roman entwickelt Falk Richter nicht. Er betont vielleicht etwas deutlicher die parodistischen Elemente, besonders in der Krimihandlung. Mit Projektionen, Videos und Musikeinlagen bebildert Richter die vielen Anspielungen des Textes. Dichte erhält der Abend durch die ausgezeichneten Schauspieler. Christoph Luser spielt Jed Martin als leicht manischen Wirrkopf, Werner Rehm bringt als krebskranker Vater Emotionalität in die Aufführung, und der Däne Olaf Johannessen überzeugt als Houellebecq wie als Kripokommissar mit komödiantischer Spielfreude. Überhaupt ist eine große Theaterlust im Ensemble zu spüren, was beim Start der neuen Intendanz ein gutes Zeichen ist. Die Frage allerdings, warum gerade dieser Roman auf die Bühne gehört, beantwortet die Aufführung nicht. Laut Ankündigung ging es Falk Richter nicht um eine Nacherzählung, sondern um eine „atmosphärische Übertragung der Houllebecqschen Weltanalyse auf die Bühne“. Er ist aber doch im Nachbuchstabieren stecken geblieben, das allerdings auf hohem handwerklichem Niveau.