Foto: Martin Schwartengräber und Simone Mende in "Gras drüber" am Hildesheimer Theater für Niedersachsen © Jochen Quast
Text:Jan Fischer, am 5. Februar 2023
Es könnte so schön sein in Upton Snodsbury: Kaum 3000 Menschen leben dort. Es gibt ein paar Obstgärten, einen Park, eine Schule, einen Pub. Nichts Aufregendes also. Es sei denn, man ist Autor einer britischen Komödie, dann ist der Ort mit seinem eigenartigen Namen natürlich ein gefundenes Fressen. Wie zum Beispiel bei David Spicer, der in diesem Örtchen sein Stück „Gras drüber (raising martha)“ spielen lässt.
Kern der Handlung ist eine Krötenfarm, die der leicht schütter gewordene Althippie Gerry (Martin Schwartengräber) zu einer Marihuana-Farm umfunktioniert hat, deren Produkte mit Aga-Kröten-Extrakt psychedelisch angereichert werden. Das dort die armen Tiere gequält werden ist wiederum dem eher inkompetenten Tierschützer-Duo Jago (Lukas Hanus) und Marc (Jonas Kling) ein Dorn im Auge, sodass sie die Knochen von Gerrys Mutter ausgraben, um diesen dazu zu zwingen, die Farm aufzugeben. Mit der aber haben Gerrys Schwester Robin (Linda Riebau) und ihre Tochter Caro (Melanie Sidhu) eigene Pläne.
Am Theater für Niedersachsen in Hildesheim inszeniert Ayla Yeginer die schon 2017 in London uraufgeführte Komödie. In einer vertikalen, mit Kunstrasen überzogenen Klappwand stecken die zwei Räume, in denen sich der größte Teil der Handlung abspielt: Gerrys Arbeitszimmer und die Wohnung der beiden Tierschutzaktivisten. Als eine Art Erzähler fungiert Simone Mende als Inspektor Clout, der (in bester Tradition überforderter Dorfpolizisten) den Fall der gestohlenen Knochen ohne wirkliches eigenes Zutun doch löst.
Handzahme Drogengeschichte
„Gras drüber (raising martha)“ ist ein Stück wie auf Standard-Einstellungen geschrieben: Gerry als sympathisch-verdrogter alter Mann, seine Schwester Robin als ängstlich-schüchterne Frau, ihre Tochter Caro als intrigante Schönheit, Marc und Jago als Duo irgendwo zwischen „Pinky und Brain“ und „Dumm und Dümmer“. Alle diese Figuren trudeln ungebrochen durch die Well-Made-Komödie, die selbstverständlich reich an überraschenden Wendungen und Situationskomik ist. Das alles ist ein wenig ermüdend, weil nicht viel passiert, was über die Komödien-Standards hinausgeht. Zwar ist das Duo Marc und Jago manchmal lustig, zwar ergibt sich aus den Figuren Gerry und Robin zusammen auf Bühne durchaus die eine oder andere Pointe. Zwar ist Clout, der sich als Poirot, Holmes oder Columbo durch die Geschichte der Ermittlerfiguren arbeitet, eine skurrile Figur.
Auch wenn Gerry an seiner geliebten Kröte Agamemnon lutscht und zwei rollschuhfahrende Froschdiener auftauchen und somit Potential für Absurditäten vorhanden wäre, bleibt „Gras drüber (raising martha)“, eher handzahm und bietet dabei über zwei Stunden Spielzeit wenig außer einer Komödie, der es nicht gelingt, aus gewohntem Boden mehr als ein paar magere Pointen zu ernten.