David Kern ist einer der ersten, die im Festspielhaus erscheinen, das Forsythe bis auf ein paar farblich changierenden Leuchtstoffröhren von Spencer Finch leer geräumt hat. Und ist auch derjenige, der nicht nur den achtzig Minuten dauernden Abend brabbelnd begleitet (allerdings in einem Englisch, das allenfalls zu ahnen ist). Sein Pappschild trägt die Aufschrift „in disarray”, und in Unordnung, heillose Verwirrung geraten ist so vieles in dieser Arbeit, die nichts erzählen will: als Finger- und Körperübung ein paar handverlesener Tänzer und Tänzerinnen, die gar nicht erst versuchen, einen tieferen Sinn zu ergründen, sondern Sprache, Klang, Gebärde und Tanz wie eine Partitur ihrer kommunikativen Möglichkeiten nützen.
In der Tat ziehen alle Tänzer ihre Register. Vermummt wie Ritter oder neuzeitliche Spezialkommandos der Polizei, entwickeln sie hoch komplexe Bewegungsmuster, die polyzentrisch scheinbar in die verschiedensten Richtungen zielen. All das in einer Irrsinnsgeschwindigkeit, als wollten die Beine den Tänzer immer wieder davonlaufen. Ebenso virtuos und variabel die Handhabe der Kartons, die für alles taugen: mal ein Haus vorstellen, das nicht einbruchssicher ist, mal eine Wand, gegen die einer tritt, mal eine Platte, unter der sich Kern partout nicht begraben lässt. Und mitten drin und oben auf: Fabrice Mazliah, der einen Hamlet vorstellt, der keineswegs von des Gedankens Blässe angekränkelt ist. Kraftvoll setzt er seinen Körper ein, um wenigstens für einen Augenblick so etwas wie Ordnung zu schaffen. Doch erst am Ende ist Ruhe im Karton, und die brummelnde Musik von Thom Willems verstummt. Kaum hörbar kippt eine Wand um die andere um, und nacheinander verschwinden die Tänzer in den beiden Gassen, aus denen zu Beginn wie ein Echo immer wieder ein paar Stimmen zu hören sind. Und Fabrice Mazliah, Roberta Mosca oder David Kern stehen wieder da, wo sie am Anfang gestanden haben. Der Rest ist Schweigen – und die Erinnerung an eine Performance, die sich wie ein Puzzle erst im Nachhinein erschließt.