Da werden nun hastig getippte Texte verschickt, Emojis nach erfolgreichen Morden und Sprachnachrichten, wenn das Tippen zu anstrengend ist. Ein Fehlverhalten beim Dinner findet sich zeitnah in einem Youtube-Video wieder, das natürlich sofort geteilt wird: „Macbeth rastet aus *!!PEINLICH!!*“. Auch die Morde selbst schaffen es als Bild- oder Videomaterial sofort nach Erledigung in den Chat. Die manipulativen Hexen bei Shakespeare werden zu Internet-Trollen, die anonym agieren, anstacheln und zum Bösen verführen. Macbeth verlässt sich blind auf die unbekannten Wesen („Wer ihr auch seid, habt Dank für euren Rat“), nimmt ihre Worte für die Wahrheit. Was dabei herauskommt, auch das ist hier zu beobachten.
Die Eskalation bekommt eine große Dringlichkeit, weil man sie live miterlebt, Zeuge der Entwicklung wird und ihr doch nichts entgegensetzen kann. Vielleicht sogar ein wenig mehr als in einer normalen Theatervorstellung vermittelt sich der Eindruck, dass diese mörderischen Pläne und Intrigen gerade jetzt in diesem Moment geschmiedet werden, von Botschaft zu Botschaft Fahrt aufnehmen. Wie in einem „echten“ Chat gibt es Pausen, in denen man sieht, dass Macbeth oder Macduff gerade etwas schreiben. Man erwartet die nächste Nachricht mit einer Mischung aus Spannung und Furcht. Das Banale und das Gefährliche, das Alberne und das Schreckliche folgen hier ohne Unterscheidung aufeinander. Nach dem Königsmord verschickt Lady Macbeth auch mal ein Katzenvideo. Dieses Kurznachrichtentheater ist ein kluges Spiel mit den Gepflogenheiten der sozialen Medien, macht ihren Charme sichtbar, aber auch die Gefahren, die Verharmlosung. Wer Katzenvideos und Smileys verschickt, kann doch kein Mörder sein… Ob das Konzept auf andere Stücke übertragbar ist, ist fraglich. In diesem Fall aber ist es ein beeindruckendes Erlebnis, ein Theater der anderen Art.