Foto: Szene aus "Peng" © Arno Declair
Text:Hartmut Krug, am 4. Juni 2017
Marius von Mayenburg inszeniert „Peng“ an der Berliner Schaubühne.
Ralf Peng hat von Anfang an alles im Griff. Noch vor seiner Geburt sitzt er schon im Strampelanzug vor der Bühne und erzählt von sich. Wenn seine Eltern auftreten, beschreibt er sie völlig zu Recht als Karikaturen von überfürsorglichen Prenzlauer-Berg-Eltern. Die beiden wollen unbedingt eine natürliche Geburt erleben. Nur geht es schon vor der Geburt im Bauch der Mutter unnatürlich zu: Peng erdrosselt seine Zwillingsschwester und, da er bereits ein vollkommen ausgebildetes Gebiss hat, beißt er seine Nabelschnur selbst durch. Wenn der großgewachsene Peng-Darsteller Sebastian Schwarz dann aus einem aufgeblasenen Gummiball-Sack in die (Bühnen-)Welt steigt, ist ein Monster geboren.
Der frühreife Sohn dankt die Verhätschelung durch seine Eltern als fünfjähriger mit tyrannischer Selbstsucht. Er schlägt dem Geigenlehrer ein Auge aus und bedrängt die Babysitterin, die sich gegen ihre sexuelle Ausstrahlung hinter einer Katzenmaske (auch vor Pengs Vater) zu verstecken sucht.
Bühnenbildnerin Nina Wetzel hat einen Greenroom mit einer Seite einer Halfpipe gebaut, über der auf einer Leinwand mal ein Spielplatz, dann ein Picknick im Grünen, meist aber eine superschicke Einbauküche vor dunklen Wolken zu sehen sind.
Mayenburgs ausufernd wortlastige Parabel auf Trump und die Politik im allgemeinen und besonderen besetzt der Autor als Regisseur mit lauter Karikaturen. Fünf Darsteller markieren 14 Personen. Robert Beyer ist ein wunderbar dümmlich liberaler Vater, Eva Meckbach ist nicht nur als Kindermädchen ein Opfer, sondern auch als von ihrem Mann verprügelte Nachbarin und als Doktorin eine wunderbare Typen-Lieferantin. Und Lukas Turtur turnt als Fernsehreporter, der das Geschehen und die Menschen in Sensationsbilder treiben möchte, gewandt durch das Geschehen. Ständig enden hier Auftritte mit Produktwerbungen.
Das Stück steckt voller Anspielungen und Parabeln, wohin man schaut. So manipuliert Penk einen Miss-Universum-Wettbewerb mit schamloser Offenheit (Achtung: Wahl!), und wer will, kann in Peng Trump erkennen und in der Mutter von Peng, die im Heizungskeller ihres Hauses vor männlicher Gewalt geflüchteten Frauen Unterkunft gewährt, Frau Merkel. Obwohl Peng am Schluss ein Loch in die Stirn geschossen bekommen hat, steht er dann doch wieder auf.
Als Zuschauer sitzt man vor diesem zugleich überdeutlichen politischen Anspielungsstück anfangs amüsiert. Bald aber, da jeder szenische Rhythmus fehlt und die Anspielungen so überdeutlich wie flach sind, dass man nicht nachdenken muss, sondern allenfalls nur mit dem Kopf nicken kann, folgt man dem Wortgeprassel ohne allzu große Begeisterung. Dennoch spendete das Publikum den Schauspielern des zweistündigen Abends kräftigen und langen Beifall.