Die Premiere in der Kulturkirche St. Jacobi begann mit einem Klassiker der DDR-(Frauen)-Literatur: Maxie Wanders „Guten Morgen, Du Schöne“ von 1977. Die in der DDR lebende Österreicherin hatte Frauenlebensläufe als „Protokolle nach Tonband“ gesammelt, ungeschönte Einblicke in die DDR-Realität. Regisseurin Susanne Kreckel erarbeitete für die „Monodramen“ eine eigene Fassung, für die ein helles Plüschsofa und ein Tisch als Szenerie reicht. Anne Greis verkörpert alle Frauen: Rosi, die erst zum DDR-Schlager „Heißer Sommer“ selbstvergessen tanzt, die unverbildete Menschen und unzerstörte Landschaften sucht, Strammstehen und Fahnenappelle hasst und sich nicht verbiegen lassen will. Wenn der Text vorschreibt „mach ein Gesicht“, macht sie eins, traurig. Gabi stepptanzt, will nicht bloß Handlanger für ehrgeizige Männer sein, „das kann es doch nicht gewesen sein“ und macht „Ein Kessel Buntes“-Gesten dazu. Wenn sie zur Stellage à la DDR greift, kichern die älteren Zuschauerinnen wissend. Für einen imaginären Dialog wechselt Anne Greis die Position auf dem Sofa und zwischen blauer und orangener Teetasse; für ihre „unsichtbare“ Partnerin gibt einen weiteren Song-Klassiker: „Sind so kleine Hände“. Mit solchen Zeichen deutet Regisseurin Kreckel auf den DDR-Ursprung der Frauen-Erzählungen hin, verortet sie damit auch von heute her im Osten, obwohl Maxie Wanders unverwüstliche Texte über sozialistische Lebenslinien hinausreichen.
Auf die Spuren Maxie Wanders hat sich die Filmregisseurin und Grimmepreis-Trägerin Sabine Michel begeben und Frauen in Greifswald und Stralsund nach ihren Leben inklusive Wende-Biografie gefragt. „2018 – Frauenmonologe heute“ heißt dieser zweite Teil des gut zweistündigen Abend schlicht, von Sabine Michel selbst als Uraufführung inszeniert. Nun ist Claudia Lüftenegger erst Ingrid, strenge Lehrerin, die etwas verändern und bewirken wollte, und nicht wusste (oder wissen wollte), was die Stasi machte. Sie hat an die DDR geglaubt, bis sie nach der Wende Wandlitz gesehen hat, die Bonzenwohnungen der Parteielite. Nun hat sie einen Termin bei der „Landesmutter“, der sie ihr Leben erzählen soll; und hinterher macht Katrin das Büro sauber: „1. Reihe, Füße hoch!“ schwingt sie den Schrubber.
Gerade in ihrem Part zeigt sich, dass sich an „Kinder, Küche, Kerle“ als Frauen-Domäne wenig geändert hat (ihr Hang zu komischen Typen meint Männer, die dem Alkohol erst ver- und dann tot umfallen), doch nun kommen Karrieren nach West-Maßstab für Ostlohn dazu; auch deshalb fürchtet sie „Asylbewerber, die ihr das bisschen Arbeit wegnehmen“. Solche Aspekte werden aber nur angetippt, manchmal wirken Text und Spiel wie die sächselnde Mandy in der „heute-show“, folgt Geschichte auf Geschichte auf Geschichte. Insgesamt aber ergibt sich ein so kurzweiliger wie eindrücklicher Frauen-Biografie-Abend. Die Programmheftfrage, ob wenigstens die Emanzipation durch die Wiedervereinigung gewonnen habe, beantworten allerdings beide Monodramen nicht.