Das endet bös, für Illusionen oder nur Pläne ist kein Platz: Wie in den „Drei Schwestern“ bleibt die Großstadt ein Traum und wie im „Kirschgarten“ wird das Gut verscherbelt. Bettina Meyers Bühne schafft dafür einen stimmigen Rahmen. Ihr halbrunder Einheitsraum mit Oberlicht könnte Foyer einer heruntergekommenen Jugendherberge oder eine Tiefgarage sein. Er öffnet sich ein einziges Mal, doch das Eisenbahngleis ist nicht Fluchtweg, sondern Ort für den Selbstmordversuch. Er wäre ein Ausweg, sogar der scheitert.
Die Schauspielhausdirektorin Barbara Frey führt Regie, subtil, fein und mit Sinn dafür, dass hier oft das Gegenteil davon gesagt wird, was die Figuren meinen. Sie hat sich um Maertens und der bestechenden Friedrike Wagner als vielschichtiger, in fast allem als Gegenpol funktionierender Anna Petrowna ein Ensemble zusammengestellt, das schlicht und einfach stimmt. Sie hat die vier ausufernden Akte gekürzt und mit der im Ton lakonischen Übersetzung von Werner Buhss textlich eine Wahl getroffen, welche die Personen nah ans Heute holt. Wunderbar, wie die Inszenierung den Abend rhythmisiert und zwischen Bonmots und klaffenden Leerstellen pendelt. Frey lässt den Zuschauer drei Stunden auf dem schmalen Grat zwischen (textlicher und szenischer) Komik und den Abgründen schwanken. Man verfolgt die Figuren auch da mit größtem Interesse, wo das Stück in der zweiten Hälfte nach Boulevard-Manier nur noch kurze Rein-Raus-Zweierszenen aneinanderreiht. Man verzieht es dem 18-jährigen Tschechow.