Foto: Ein Soloabend mit Martin Gärtner: "König Ödipus" in Gießen. © Stadttheater Gießen
Text:Anja-Maria Foshag, am 26. September 2011
In Gießen versucht man an den Erfolg des Klavierkabarettisten Bodo Wartke anzuschließen, der mit seiner Adaption des „König Ödipus´“ einen klassischen Theaterstoff angegangen ist. Wartke hat in seiner Bearbeitung des antiken Stoffes, frei nach Sophokles, die Tragödie in ein unterhaltsames Soloprogramm übersetzt, das wohl vor allem geeignet ist, Schülern mit Berührungsängsten die griechische Tragödie näherzubringen. Mit Sprachwitz in Reim-dich-oder-ich-fress-dich-manier, popkulturellen Verweisen und Anleihen aus anderen literarischen Klassikern des Bildungskanons versteht es Wartke, die komische Dimension des Tragischen herauszustellen.
Das Stadttheater Gießen hat das Stück jetzt in einer Inszenierung von Oliver Meyer-Ellendt mit Martin Gärtner in allen 14 Rollen auf die Bühne gestellt. Anderthalb Stunden lang und in einer leicht gekürzten Version erzählt Gärtner die Geschichte des Ödipus´ über Vatermord und Inzest, der durch Erfahrung lernen muss, dass dem Schicksal und den Göttern kein Schnippchen zu schlagen ist. Dabei lassen Gärtner und Meyer-Ellendt Wartkes Gespür für feine Nuancierungen vermissen und setzen vor allem auf Klamauk, Klischees und Lokalkolorit. Ihre Figuren sind bis ins Groteske übersteigert: König Ödipus kaugummikauend und halbstark, Schwager Kronos lispelnd und langsam, der Bote kumpelhaft und hesselnd, das Orakel verschlagen und bestechlich – und griechisch, was vor dem Hintergrund der aktuellen Finanzkrise in Griechenland seltsam unachtsam wirkt und augenfällig macht, dass es sich bei Wartkes Neubearbeitung nicht um eine inhaltliche Aufbereitung, sondern lediglich eine sprachliche Aktualisierung handelt. Gärtners Charaktere sind aufdringlich witzig und machen, bei aller Komik, die in der Ausweglosigkeit des ödipusschen Schicksals liegt und die aufzuzeigen ein lohnendes Unterfangen ist, die Tragweite seiner persönlichen Tragödie ganz vergessen.
Ansonsten zündet Wartkes Wortwitz auch diesmal und machen seine Lieder und Gärtner singend und am Tastenkasten Spaß. Für das reduzierte Bühnenbild auf der Gießener TiL-Studiobühne zeichnet Thomas Döll verantwortlich, der auf klassische Zutaten setzt: Toga, griechische Säulen und Elemente aus der antiken Vasenmalerei. Das geht in diesem Fall schief und erinnert an Schultheater, bei dem aus Mangel an Mitteln ein Betttuch eine Bühne macht. So ist hier wie mit Blick auf die ganze Inszenierung auch das wenige: schmuckloses Bühnenbild, ein Schauspieler, eine überschaubare Zahl an Requisiten, noch zu viel und wäre weniger mehr gewesen. Ein Abend für Freunde von seichter Unterhaltung und Mitmachtheater.