Foto: ER (Marius Petrenz) und SIE (Hannah Hartmann) © Pfalztheater Kaiserslautern
Text:Björn Hayer, am 2. Oktober 2024
In einer Kneipe in der Innenstadt von Kaiserslautern inszeniert Annalisa Engheben die Uraufführung eines älteren Stücks von Lothar Kittstein. Darin kommen zwei Liebende nicht zueinander. Auch mit dem Publikum gelingt der Produktion keine enge Beziehung.
Es könnte magisch sein, die Luft vielleicht voller Funken, in dieser einen Nacht, als zwei junge Menschen bei einer Party aufeinandertreffen. Tatsächlich begehren sie sich noch zu Beginn, tanzen in Annalisa Enghebens Inszenierung am Pfalztheater Kaiserslautern umeinander herum. Doch wie schon Rilke wusste, ist ja bekanntermaßen das „Schöne […] nichts als des Schrecklichen Anfang.“ Während sie (Hannah Hartmann) sich in ihn (Marius Petrenz) verliebt, ja alle Gefühle auf eine Karte setzt, keimt in ihm bald schon die Unsicherheit, die in Ablehnung, gar Gewaltfantasien von früher umschlägt. Für den jungen Mann war die Begegnung eben vor allem eine, die von sexuellem Begehren herrührte. Wie man es schon vermutet, thematisiert Lothar Kittsteins Text vor allem das gegenseitige Verfehlen. Er präsentiert uns zwei Suchende, die aneinander vorbeireden, die sich festhalten an immer wiederholten Standardsätzen wie „Es ist so schön mit dir“, die vergeblich um die richtigen Worte ringen.
Die Sprachkrise der zwei Liebenden
Die Uraufführung von „In einer mondhellen Winternacht“ kapriziert sich angesichts der Sprachkrise vor allem auf die Körperlichkeit der Darsteller:innen. Mal rennen sie voneinander weg, bevor sie sogleich wieder aufeinander zuzustürmen. Auch ein Scheinwerfer wird als Ersatz für ein Feuerzeug eingesetzt (Ausstattung: Teresa Heiß). Sieht man von diesen ziemlich dürftigen Bildern ab, so findet immerhin ein Hauptmotiv, nämlich Blumen. Noch vor Aufführungsbeginn von der Protagonistin in Teilen aufgehängt, nutzt sie die Pflanzen später, um sie an ihrem Gegenüber zu befestigen – entweder steckt sie sie ihm in den Kragen oder in den Mund, in den sie zuvor Wasser aus ihrem eigenen Mund hat tröpfeln lassen. Die Idee dahinter: Hier soll etwas wachsen und gedeihen.
Publikum als Partykulisse in einer Kneipe
Doch aus dieser Nacht der Versuche, Hoffnungen und Träume, aus dieser explosiven Spannung zwischen Sehnsucht und Abstand wird kein Lebensprojekt. Zu weit liegen die Vorstellungen auseinander. Zudem ist der Raum sinnbildlich und real begrenzt, da das Schauspiel diesmal in einer Kneipe in der Innenstadt in Kaiserslautern stattfindet. Das Publikum erweist sich wohl als (ziemlich stille) Partykulisse. Überdies lässt dieses Panoptikum keinen Rückzug zu. Es schafft die völlige Transparenz.
Auch wenn Kittsteins früher Text, der 2005 bei den Autor:innentheatertagen des Hamburger Thalia Theaters vorgestellt worden war, sehr poetischen Momente aufweist und in seiner höchst minimalistischen Anlage hier und da berührt, bleibt die Uraufführung wenig ambitioniert und eher einfallslos. Der Regie scheitert an einer organischen Konzeption, bietet den Zuschauer:innen lediglich eine lose Zusammenstückelung aus Bewegungen, Blicken und wenigen Sounds, das Ergebnis sind spärliche 45 Minuten.