Foto: Bernd Moss (Jon), Felix Goeser (Vince) und Nina Hoss (Amy) in "Tape" an den Kammerspielen des DT Berlin. © Arno Declair
Text:Elena Philipp, am 16. Juni 2011
Zwei Männer, eine Frau. Vor zehn Jahren, in der High School, war Vince mit Amy zusammen, aber Jon hat auf einer Party betrunken mit ihr geschlafen. Vince, der freiwillige Feuerwehrmann und Drogendealer, hat diese Niederlage immer noch nicht verwunden. Vor Jons großem Tag, der Präsentation seines Autorenfilms beim Lansing Film Festival, konfrontiert er ihn im Motel mit dem Vorwurf der Vergewaltigung – und mit Amy, die als Mitarbeiterin des Oberstaatsanwalts in Lansing lebt.
“Tape” von Stephen Belber ist ein konzise konstruiertes Stück über die Interpretation von Vergangenheit. Während Vince Jon zu einem Geständnis bringt, das er auf Band aufzeichnet, ist für Amy auf der Party nichts weiter passiert, als dass sie für Jon schwärmte. Wo kein Kläger, da kein Verbrechen, ist ihre Maxime. Unversehens entwindet sie Vince die Regie und bringt ihn mit einem vorgeblichen Anruf bei der Polizei dazu, seinen Drogenvorrat im Klo zu versenken.
Stefan Pucher inszeniert das psychologische Kammerspiel am Deutschen Theater Berlin in muffigen Motelkulissen. Die Ereignisse des Abends werden chronologisch erzählt – wie in Stephen Belbers Drehbuch, das Richard Linklater mit Ethan Hawke und Uma Thurman verfilmte. Prolog und Epilog, die in die High School-Vergangenheit zurück- und in die Zukunft vorblenden, sind gestrichen.
Video-Standbilder zeigen Bett, Nachttisch und Aschenbecher unberührt – ein Stilleben, das den Psycho-Kampf der beiden Männer bildlich negiert. Nur an einer Stelle dynamisiert sich die Kamera und filmt eine verbale Auseinandersetzung von Vince (Felix Goeser) und Jon (Bernd Moss) im Schuss-Gegenschuss-Verfahren. Der Handlung haben die Videobilder nichts hinzuzufügen. An drei dramaturgisch entscheidenden Stellen darf jeder der Protagonisten einen Song anstimmen – ein Zoom in die High School-Vergangenheit.
Langweilig ist das nicht. An manchen Stellen kitzelt Pucher im Vergleich zu Linklaters Film noch die ein oder andere psychologische Nuance aus der Vorlage heraus. Doch inspiriert ist das auch nicht. Nur Felix Goeser hat einen Draht zu seiner Figur gefunden, ist der verbissene Kindskopf, der auf späte Rache lauert. Bernd Moss sagt seinen Text auf und spielt ohne größere Modulation. Nina Hoss – mit brauner Pagenkopfperücke – wirkt hölzern, obwohl ihre kühl-überlegene Figur die schillerndste der drei ist. Ihr Lachen am Ende der Aufführung – Amys Freude über den Sieg oder die Distanzierung der Schauspielerin von der Rolle?