Thilo Reuthers Bühne und die aufgeschrillten Kostüme von Jana Findeklee und Joki Tewes verbinden sich vorzüglich mit Baumgartens Inszenierung. Die spielt intensiv mit Hinweisen auf den neuen Osten Europas – der namenlose Bettler zu Beginn trägt ein russisches Rossija-Shirt und wird von Frau Peachum ratzfatz zum Doppelwhopper umkostümiert; später gibt sich Lucy, Tochter des Polizeichefs Brown, als pralle Polin. Und dieser Brown und Macheath erinnern sich im „Kanonen-Song“ auch nicht an Kriege in Hinterindien, sondern in Aserbeidschan – mit jenen arg holprigen Zeilen („Von der Ukraine/zurück zum Rheine …“), mit denen Brecht noch aus dem US-Exil gegen die amerikanisch beförderte westdeutsche Wiederbewaffnung agitierte.
Der Osten ist bei Baumgarten ein Supermarkt mit Dumping-Preisen – und als Labor-Arrangement mit Primaten im Hamsterrad, unter der Regie der Affen, hält die „Dreigroschenoper“ auch diese freche Motiv-Bastelei erstaunlich umstandslos aus. Zumal sie mit dem siebenköpfigen Jazz-Orchesterchen um den Pianisten und Arrangeur Max Renne fabelhaft klingt. Und auch gesungen wird durchweg prima: von Philippis Peachum sowieso, aber von auch Gattin Susanne Böwe und Tochter Hanna Plaß. Die Bande um Johann Jürgens als Macheath gerät zuweilen ein wenig arg albern, Horst Kotterba trägt als Brown über schmierig-grauem Langhaar eine monströse Fellmütze. Im neuen Osten – das sagen Baumgartens Bilder – vollzieht sich markanter als sonstwo der Niedergang der Alten Welt.
Die neue wird den Affen gehören. Der Jubel in Stuttgart war beträchtlich. Danach siegte Brasilien im Auftaktspiel. Was ist ein Dietrich gegen eine Aktie? Was ist die Mafia gegen die Fifa?