Caren Jeß stellt in ihrem Stück eine Vielzahl an Themen zur Debatte: von der Frage nach Chancengerechtigkeit vor dem Hintergrund dysfunktionaler Familienkonstellationen über Identitätsfindung und Geschlechtervielfalt bis hin zu Einsamkeit und der daraus resultierenden Flucht in gefährliche Parallelwelten, in denen die Vernunft auf der Strecke bleibt. Sätze, wie sie die Esoterik-Pute spricht, gewinnen angesichts der Stimmen von Verschwörungstheoretikern und Impfgegnern bei den Corona-Demonstrationen erschreckende Aktualität: „Was euch die Ärzte sagen, das sagen sie nicht, um euch zu helfen. Sie wollen euch manipulieren, oder sie sind selbst manipuliert und verbreiten weiter, was ihnen eingeimpft wurde. Lasst uns aber als Einheit stark sein gegen alles, was uns schaden will!“
Die Stärke von Jeßʼ Stück sind die fließenden Übergänge von inhaltlichem Tiefgang zu spielerischem Humor. „Bookpink“ besitzt etwas Federleichtes. Genau mit dieser Leichtigkeit hat es auch die junge Regisseurin Anja Michaela Wohlfahrt im vergangenen Herbst auf der Studiobühne des Grazer Schauspielhauses zur Uraufführung gebracht, zu sehen auf einem Mitschnitt, der nun auf dem Youtube-Kanal des Theaters zur Verfügung steht. Kathrin Eingang hat für die fünf Schauspieler Kostüme angefertigt, die mit klug geschneiderten Kleidungsstücken und wenigen Accessoires wie Mütze, Schmuck oder Ballettschuhen das Äußere der Vögel so andeuten, dass die Menschen darunter umso deutlicher sichtbar werden. Ebenso minimalistisch und stimmig ist die Bühne von Philipp Glanzner. Lediglich ein paar Kisten stehen für Vogelnester, in denen die Schauspieler hocken. Zwischen den Episoden wird zu groovigem Sound umgebaut. Danach können die Kisten schon mal hochkant aufgerichtet sein und einen Käfig symbolisieren.
Maximiliane Haß, Frieder Langenberger, Mathias Lodd, Clemens Maria Riegler und Anna Szandtner schlüpfen in ständigem Wechsel mal in diese, mal in jene Vogelrolle. So gibt Maximiliane Haß gerade noch den schwer frustrierten Dreckspfau mit verklebten „Schmodder“-Flügeln und die nicht minder aggressive Rabenmutter, um kurz danach als hilflos-verschüchtertes Hühnchen auf der Bühne zu erscheinen. Genauso wandlungsfähig die anderen Schauspieler, denen lediglich bei all ihrer mitreißenden Spielfreude zwischendurch ein bisschen mehr Zurückhaltung gut getan hätte. Etwas weniger aufgeregtes Gezwitscher, dafür mehr leiser Gesang hätte die Wirkung dieser insgesamt stimmigen Inszenierung noch verstärken können.