Eva-Maria Westbroek als Anna Nicole Smith an der Royal Opera London.

Im Busenwunderland

Mark-Anthony Turnage: Anna Nicole

Theater:Royal Oper House, Premiere:17.02.2011Regie:Richard JonesMusikalische Leitung:Antiono Pappano

Für das Royal Oper House war es ein Event, das mit einem Gejohle quittiert wurde, wie es sonst nur beim Musical üblich ist. Kein Wunder, denn Mark-Anthony Turnage (51) hat sich für seine dritte Oper vom längst verloschenen Hollywood-Sternchen Anna Nicole Smith inspirieren lassen und damit wohl auch etwas auf jenen Skandalfaktor geschielt, mit dem die sich bis zu ihrem Medikamentenüberdosis-Tod mit 39 vor vier Jahren immer mal wieder in Erinnerung brachte.

Als sie aus der provinziellen Enge aufbrach, um eine zweite Marilyn Monroe zu werden, waren die nachgerüsteten Silikonbrüste ihr wichtigstes Kapital und der sprichwörtliche texanische Uralt-Milliardär, der genau darauf abfuhr und sie sogar heiratete, ihr Hauptgewinn. Zumindest bis zu dessen Tod nach 13 Monaten Ehe. Es folgten: Streit ums Erbe, Verfettung und Rückenschmerzen, der Tod des Sohnes und diverse Skandälchen. Im Grunde eine von den Hollywood-Geschichten, bei denen nur der Busen Format hat. Richard Thomas hat das zu einem flippig frivolen Text aufgemotzt. Das dankbare Publikum quittierte denn auch jede verbale Grapscherei mit einem Lacher. Musikalisch macht Antiono Pappano aus dem rhythmisch aufgeschäumten Wohlfühlbad das Beste. In einem kurzen Zwischenspiel, das Absturz und Verfettung von Anna auf dem Vorhang einblendet, entwickelt Turnage einmal sogar doppelbödigen symphonischen Ehrgeiz. Ansonsten musicalt er sich flott durch die 17 Szenen. Immerhin macht vor allem Eva-Maria Westbroek als nicht sehr helles Busenwunder gute Sängerinnenfigur. Sie ist als Blondchen mit Marilyn-Schmollmund an diesem Abend obendrein im gesamten Opernhaus allgegenwärtig.

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Regisseur Richard Jones und sein Team haben dem Ganzen eine bunt knallige Revueästhetik verpasst. Die dauernd beim Namen genannten „Titten“ gibt es auf der Bühne natürlich nur als Plastik-Großmodell am weiblichen Körper. Gröbere Anzüglichkeiten bleiben nett, (selbst-)ironisch verpackt immer tauglich für die permanent durch die Szene geisternden Kameras. Angesichts der Reihe ihrer großen im Leben gescheiterten Opern-Ahninnen ist diese Anna Nicole freilich allzu leichtgewichtig geraten.