Es gehört zu den Stärken von Niki Ellinidous Inszenierung, dass sie diesen Bruch nicht zuschminkt, nicht wohlfeil ironisiert, oder durch Videobilder sinnlos vergrößert. Sie lässt den Epilog genauso sachlich konzentriert ausagieren, wie die Stunde davor. Nefeli Myrtidi hat einen grauen, schwarz verblendeten Guckkasten ins Kölner Staatenhaus gestellt, so schmucklos wie möglich. Hier lenkt nichts von den hoch konzentriert, geradezu streng geführten beiden Darstellern ab. Jeder Schritt, jede Geste konturiert ihre Beziehung, lässt in ihre Seele blicken oder ist, hier manchmal ein wenig zu unscharf, symbolisch aufgeladen. Ellinidou setzt Willascheks poetischem Ansatz wenige, starke Bilder entgegen, konfrontiert ihre Figuren mit den Elementen, mit Wasser, Sand, Licht – in Form einer großen Glühbirne -, dem Raum an sich, der plötzlich für einen Moment ganz klein wird. Im letzten Drittel, als Hans und Sophie zu sich zurück finden, wird die Rückwand transparent und dahinter agierende Statisten gestalten, im Wortsinn: schemenhaft, andeutungsweise Ängste, Erinnerungen und Gefühle der Protagonisten.
Die werden von Claudia Rohrbach und Wolfgang Stefan Schwaiger grandios gespielt und gesungen. Rohrbach lässt ihren Sopran lyrisch aufblühen aber auch hysterisch aufflackern, lässt Töne wächsern verwehen, macht die Stimme ganz schmal, ganz spitz und ist auch in den ausgedehnten Dialogpassagen jederzeit präsent. Schwaiger gibt seiner in der hohen Baritonlage angesiedelten Figur neben großer Ausstrahlung und bestechender Artikulation vor allem viel stimmliche Elastizität mit. Sein Hans wirkt von Anfang an ruhiger, fatalistischer als seine Schwester. Grandios auch die Leistung der 15 Musiker des Gürzenich-Orchesters, die 15 verschiedene Instrumente spielen, also alle auch solistisch gefordert sind. Arne Willimczik stellt die introvertierte Dynamik dieser Musik, die auf der klassischen Moderne aufsetzt, immer wieder mal „Pierrot Lunaire“ und „Wozzeck“ aufzusuchen scheint, sich momentweise postmodern verspielt gibt, aber letztlich doch eigene, klarem Ausdruck verpflichtete Wege einschlägt, intensiv, klangschön und vor allem – auch hier – hoch konzentriert her. Vielleicht eignet sich „Weiße Rose“ eher für eine konzertante Aufführung. Musikalische Substanz ist allemal vorhanden.