Wie eine schrillschraubige TV-Vorabendserien-Familie ist das siebenköpfige Ensemble hergerichtet und agiert im Sturm-und-Drang-Modus: wahnwitzig, bis zum Bersten unter Strom. Blond perückt sind dabei alle, streng gestriegelt etwa die wildkatzenhaft fauchende Mutter, strubbelig der Sohn und strohengelig die eiskalte Verführerin. Majestätisch hochtoupiert ist die Kunstkrause beim Kaiser, proll-mähnig hängt sie in fettigen Strähnen von Götzens Kopf herab. Er trägt den klappernden Rest einer Rüstung, rennt auch mal schlicht im Kettenhemd-Kleid herum und gibt den derben Supermacker, immer bereit, irgendwelche Fehden gegen Klerus und Adel auszufechten.
Ihnen reitet er mit verzücktem Blick und Schwert-fuchtelnd entgegen auf einem Holzpferd im Gegenwind luftpustender Theatermaschinen. Anschließend schleppt er eierkraulend als Eroberung seinen Feind Adelbert von Weislingen (Viet Anh Alexander Tran) ins Wohnzimmer. Beide nehmen breitbeinig Platz, lassen ihre Füße auf einen Tisch krachen, eifern Protzworte aus sich heraus, schütten Alkohol in sich hinein und trommeln sich affig auf die Brust. „Männlichkeit“ ist einer der Zwischentitel, die die Interpretationsrichtung vorgeben. „Herrschen“, „Größe“ und immer wieder „Freiheit“ sind weitere Einblendungen in einer Art Frakturschrift, womit wohl die parodierten Männlichkeitsklischees und rechtsnationales Denken aufeinander bezogen werden sollen. Auch eine schwarz-rot-gold anmutende Fahne wird in einem Schwarz-Weiß-Bild geschwenkt und „es lebe Deutschland“ gerufen. Aber zu einer genaueren Betrachtung von Wut- und Reichsbürgerei rafft sich die Regie nicht auf.
Wenn Götz mit seinen Haudegen-Kumpels in Zeitlupe in den Kampf zieht, verlässt des Team das Theater und dreht die Szenen in Bramsche-Kalkriese auf einem vermuteten Schlachtfeld, wo sich 9 n. u. Z. die Heere des Germanen Arminius und Römers Varus zum Metzeln getroffen haben sollen. Inhaltlich Kapital schlägt die Inszenierung daraus aber nicht. Es ist einfach nur ein prima Open-Air-Bühnenbild für den nun wild um sich schießenden Westernhelden Götz. „Ich glaube nur an das Maschinengewehr“, keift er, auf der Ton-Bild-Ebene wird mit Ratterknatterwackel-Ekstase reagiert. Zurück daheim brüllt Götz: „Ich, ich, ich.“ Damit auch jedem klar wird, dass er unter Freiheit nur das freie Ausleben seines Verständnisses von Maskulinität versteht.
„Honeymoon“ lautet eine weitere Einblendung, wenn Götz‘ Schwester und Weislingen einander geil taxieren, während Pudding auf ihren Desserttellern wackelt. Daraus wird ein prima Spaß mit den Spielregeln der Corona-Verordnungen. Das Paar schleckt sich pantomimisch ab und zelebriert auf anderthalb Metern Abstand Beischlafakrobatik auf dem Boden. Getrennt durch eine Plastikscheibe versuchen auch Herr und Frau Berlichingen speichelsaftig ihre Zungen einander in die Münder zu bohren – natürlich vergeblich.
Technisch gelingen dem Team die Green-Screen-Aufnahmen nicht so gut, ein überflüssiger Gag ist es, Figuren mit dieser Technik aus Gemälden heraustreten zu lassen – etwa Adelheid von Walldorf (Juliane Böttger) aus Caspar David Friedrichs „Der Wanderer über dem Nebelmeer“. Bei ihrem Aufstieg zur Macht wirkt sie eher wie Uma Thurman in Quentin Tarantinos „Kill Bill“. Im Verhalten keinen Deut hochwertiger als Götz, aber erfolgreicher mit ihrem intriganten Kalkül.
Sind endlich alle Kerle tot, liegt Adelheid mit Weislingens Dienerin im Bett, während im Off mit Sätzen aus „Zarathustra“, „Ecce homo“ und „Der Wille zur Macht“ die Neugestaltung der Welt gedacht, Friedrich Nietzsche also mal zum feministischen Empowerment genutzt wird. Götz‘ Sohn will nun auch nicht länger dem Vater als Vorbild nacheifern, Darstellerin Katharina Kessler betont schminkend das Feminine ihres Antlitzes und entsorgt alle Waffen aus dem Bühnenbild. Das ist nun eine schlicht ausformulierte Moral von der Geschicht‘. Aber die gehetzte Bildsprache, das atemlose Spiel, die fetten Musikzuspielungen und die lustige Macho-Dekonstruktion summieren sich zu einer ganz schön feisten audiovisuellen Dröhnung – einem trashigen Theater-Film-Comic-Vergnügen.