In Gesine Völlms opulenter Kostümpracht bringt Herheim seine gut geölte Opernmaschinerie wie immer auf Touren. Dabei marschiert die russische Geschichte in Chorstärke auf: es gibt zaristische Uniformen und Helden der Sowjetzeit, die reaktivierte orthodoxe Pracht des nachsowjetischen Russlands samt russischem Bären und Folklore. Und doch bleibt das alles potemkinsches Jubel-Personal der russischen Selbstdarstellung, obwohl Lenski zum Duell mit bewaffneten Rotarmisten angerückt war und zum tödlichen Schuss der Terror der Revolution aufscheint. Wenn sich die Inszenierung auf das Verhältnis von Glück und Gewöhnung, also den Diskurs über die Art, wie man leben kann, konzentriert, ist sie ein stimmiges, opulentes Kammerspiel. Aber es wird auch gekalauert und dabei nicht nur Monsieur Triquets Perücke abgefackelt, bis dann das russische-sowjetisch-postsowjetische Personalkarussell Gremins große Arie bebildert, also aushebelt. Herheims Problem ist nicht der Mangel an Phantasie, sondern ihr Maß.
Musikalisch herrschte Topniveau: Mariss Jansons glänzte mit dem Concertgebouw Orchester –souverän, mit Leidenschaft ohne Schwulst, lyrischer Raffinesse und dramatischen Furor. Erstklassig waren nicht nur die Tatjana von Krassimira Stoyanova und der Onegin von Bo Skovhus oder Andrej Dunaevs Lenski. Auch der Jubel für alle anderen war berechtigt. Nur Herheim musste auch ein paar Buhs kassieren.