Foto: Galathée (Maria Perlt) in "Die schöne Galathée" an der Dresdner Staatsoperette © Kai-Uwe Schulte-Bunert
Text:Ute Grundmann, am 28. Oktober 2018
Die Statue der Galathée erwacht zum Leben und verdreht allen Männern den Kopf. Gianni Schicchi wird nach seinem fiesen, aber erfolgreichen Testamentstrick von einem Mafiakiller rücklings erschossen. Heitere Muse und schwarzer Humor, Operette und komische Oper – passt das zusammen? Regisseur Axel Köhler hat es mit den Werken von Franz von Suppé und Giacomo Puccini an der Staatsoperette Dresden ausprobiert.
Von Suppés klassische Operette ist die federleichte Variante des bekannten Stoffes: Im Atelier des Bildhauers Pygmalion stehen viele Frauenstatuen, die ihm liebste verbirgt er hinter einem Vorhang, auch vor seinem Praktikanten Ganymed und dem Mäzen Mydas. Doch dann kommt Göttin Venus und haucht der marmornen Galathée mit der Berührung einer goldenen Lyra Leben ein. Im ebenso hübschen wie praktikablen Bühnenbild von Arne Walther (zweistöckiger Atelierraum mit Treppe und Fenster zum idyllischen Garten) hat Axel Köhler die absehbare Handlung mit sicherer Hand inszeniert.
Galathée (Maria Perlt brilliert in der Koloratur-Paraderolle) tastet sich langsam ins Leben der Nicht-Statuen: küsst ihr Spiegelbild und findet das viel kälter als die Küsse des Pygmalion (Johannes Strauß), der vor lauter Liebe seinen Malerkittel zur Toga schlingt. Dann kriegt die Schöne Hunger, Pygmalion geht Pizza besorgen und nachdem Mydas (Andreas Sauerzapf) ihr Schmuck geschenkt hat, schlägt die Stunde des natürlich unscheinbaren Praktikanten Ganymed (Antigone Papoulkas), den niemand auf der Rechnung hatte. Während der griechische Kunst und Kultur besingt, dreht die Musik sich in Schleifen, die unter der Leitung des Chefdirigenten Andreas Schüller, wie die Inszenierung, flott, aber nicht überhastet daherkommt. Da wird ein Trio schon mal von Spots zerteilt oder die Pizza mit dem Meißel geschnitten. Venus (Anna-Luysa Grumbt, güldener Körper unter einem Hauch von Nichts) muss noch mal eingreifen, bis die Operettenseligkeit des Happy Ends gefeiert werden darf.
Dann also Giacomo Puccinis „Gianni Schicchi“, auf Fünf-Personen-Operette folgt 15-Personen-Komische Oper. Die Idee, beides zusammenzuspannen, stammt von Chefdramaturg Heiko Cullmann. Axel Köhler versetzt die Handlung, warum auch immer, ins Mafiamilieu und so gibt es neben schwarzer Trauerkleidung auch schwarze Sonnenbrillen und sicher auch ein paar Knarren. Arne Walthers heiteres Atelier hat sich mit schwarzen Holzwänden ebenfalls in Trauer gehüllt, denn der reiche Buoso Donati ist gerade verschieden, sein Leichnam (vom Pantomimen Arne König verkörpert) liegt noch auf dem Bett. Axel Köhler lässt die zahlreiche Verwandtschaft ausschwärmen, unter Polstern, im goldenen Maultier, sogar hinter den Wänden nach seinem Testament suchen. Doch leider, leider hat der Verblichene das nicht im Sinne von Cousine, Schwager oder Neffe verfasst, sondern alles „den Pfaffen“ vermacht. Vielstimmige Enttäuschung und Empörung bricht aus, zu gedämpft komischer Musik gibt es dramatische Spitzentöne. Schließlich soll Gianni Schicchi (Ralf Lukas) helfen, dessen Tochter Lauretta (Annika Gerhards) ist in einen der Mafiosi verliebt. Natürlich fällt ihm ein Trick ein, lässt sich vom Notar selbst als Haupterbe einsetzen, bittet das Publikum um Applaus und bekommt eine Kugel in den Rücken.
Das Orchester der Staatsoperette unter Andreas Schüller setzt auch hier sehr gelungen die angemessenen, sarkastischen, bitterbösen Kommentartöne zur Handlung. Weil aber kein Motiv, keine Idee beide einstündigen Werke wirklich miteinander verbindet, bleiben beide sich fremd, geeint nur durch die großartige musikalische und sängerische Leistung. Doch immerhin ist damit der rote Spielzeitfaden gesponnen: Auf „Die schöne Galathée“ werden „My fair Lady“ und „Ein Hauch von Venus“ von Kurt Weill folgen.