In Halle werfen die Händelfestspiele auch im Ballet schon ihren Schatten voraus. Eigentlich ist es kein Schatten, sondern jede Menge Licht, pure Freude und auch Hoffnung, die Ballettchef Ralf Rossa mit seiner Compagnie auf die Bühne bringt. Mit der Choreographie des 1742 uraufgeführten „Messias“ (was ja beim Ballett mehr in John Neumeiers Domäne fällt, der das natürlich schon gemacht hat) kommen sie aber nicht quasi-religiös oder so erhaben daher, dass sich vor lauter Andacht niemand zu klatschen trauen würde. Ganz im Gegenteil. Applaus gibt es schon zwischen den fast dreißig, flott wechselnden Nummern. Fürs Orchester braucht man keinen aufzusparen, denn die Musik wird diesmal in Halle nur eingespielt. Das meiste ist von Händel, ein Fünftel aus der „Messiah“-Vertonung des Schweden Sven-David Sandstöm (Jahrgang 1942) und dreimal gibt es Adaptionen aus dem Gospel-Album „Händels Messiah A Soulful Celebraion“ (1992). Diese Mischung stimmt, wobei der Händelklang natürlich die Oberhand behält und nur zwischendurch mal auf die nähere musikalische Gegenwart verwiesen wird.
Der schnell überspringende Charme dieses Abends liegt darin, dass die Tänzer die Texte und die Musik in ihrem ureigensten Metier, nämlich aus der Bewegung heraus, begreifen. Das fängt mit der Sinfonia an, wo sie sich aus einer lockeren Probensaal-Atmosphäre aufrichten und einer nach dem anderen zur Rampe schreiten. Es hat einen gewissen Witz, dass Englisch, zumindest in diesem Falle, schon mal die aktuelle Weltsprache zur Musik war. Eine schöne Abweichung davon ist es, wenn jeder Tänzer in seiner Muttersprache Martin Luther Kings „I have a dream“ ausruft, sagt oder murmelt. Das funktioniert als Effekt sogar gut, wenn sie in einem Crescendo der Gemeinsamkeit in babylonischer Vielfalt alle 22 gleichzeitig träumen.