Foto: Szene aus "Eine Enthandung in Spokane" mit Martin Aselmann und Ralf Dittrich. © Christian Kleiner
Text:Anja-Maria Foshag, am 25. November 2011
Seit nunmehr einem Vierteljahrhundert ist der handversessene Handbesessene Carmichael auf der Suche nach seiner linken Hand, die ihm mit siebzehn Jahren gewaltsam und von ein paar „Hinterwäldlern“ amputiert wurde. Der so „Enthandete“ gerät an das Kleinganovenpärchen Toby und Marylin, das hofft, ihm für schnelles Geld eine „eingeborene“ Hand aus dem Naturkundemuseum als die seinige verkaufen zu können. Die Übergabe soll in einem heruntergekommenen Hotel stattfinden, in dem der nervenstarke Rezeptionist Mervyn arbeitet, der vor allem eines sucht: eine gute Geschichte, in der er sich – durch die Befreiung von Zootieren oder auch die Lebensrettung von lesbischen Hotelgästen – als Held verdient machen kann.
Die schwarze Komödie von Martin McDonagh teilt den absurden Charme einer wahrscheinlich eher unwahrscheinlichen (aber nichtsdestotrotz vorstellbaren) Geschichte eines John Irvings und den makaberen Humor eines Quentin Tarantinos. Dabei kann die Vorlage des britischen und mit zahlreichen Auszeichnungen (zuletzt eine Oscar-Nominierung für „Brügge sehen… und sterben“) bedachten Drehbuchautors und jetzt auch Dramatikers mehr, als die deutsche Erstaufführung zeigt. Am Mannheimer Nationaltheater von Hausregisseurin Cilli Drexel auf die Studiobühne gestellt, krankt Drexels Inszenierung in trashiger B-Movie-Manier nicht zuletzt am undifferenzierten Spiel der Schauspieler. Einzige Figur ohne Glaubwürdigkeitsproblem ist an diesem Abend Mervyn, nuanciert und überzeugend – (sympathisch) überspannt und eine Spur wahnsinnig – gespielt von Martin Aselmann. Die weiß geschminkten Gesichter unterstreichen den grotesken Charakter dieser Zuspitzungsgeschichte, die im Bühnenbild von Rebekka Zimlich gut aufgehoben ist. Das Hotelzimmer ist in Billigoptik genre- und milieuecht angedeutet, Videoeinspielungen verstärken die Nähe zu Filmen wie „Four Rooms“. Mit einer Portion Dummheit: Marylin hält selbst angesichts akuter Lebensgefahr die Situation geeignet, Carmichael seine Xenophobie auseinanderzusetzen, und einer Portion Pech: Mervyn hat mit Toby noch eine alte Rechnung offen, reiten sich Toby und Marylin zuverlässig immer tiefer in die „Infernoscheiße“, bis Blut fließt und abgetrennte Hände fliegen und sie schließlich, inklusive Hotel, drohen, in die Luft zu gehen.
Als Steilvorlage für abgründige und rasante Unterhaltung hat McDonagh´s Stück alles um an Fahrt aufzunehmen und kommt in Mannheim trotzdem nicht richtig in Gang. Das wiederum könnte mit dem Eindruck zusammenhängen, dass Drexel den Abend punktuell lieber als Sinn- denn als Handsuche behaupten möchte.