Natürlich wird in dieser Märchenoper alles dem Happy Ending entsprechend aufgelöst und Sherifa und Hamed können heiraten, doch die Verwirrungen der Geschlechternormen wirken nach. Neben den verschiedenen schimmernd pastelligen Vorhängen auf der Bühne ist das Kostüm (Vanessa Sampaio Borgmann) visueller Mittelpunkt. Zunächst tragen die Schauspieler schlichte, lila, pink und grün ebenso pastellfarbige Stoffhosen mit Hemden. Akzente, die als stereotypische Indizien für die Gender der Schauspieler dienen sollen, sind Footballgeschirr, dass die männlichen breiten Schultern hervorhebt oder auch ein Rock, um weibliche Kurven zu unterstreichen. Doch was bedeutet es, wenn der König sein Geschirr ablegt oder Sherifa ihre Verkleidung? Gespielt werden nämlich alle Figuren von Männern.
Exkurs Gender Studies
Hier kann Judith Butler, Philosophin mit Schwerpunkt Gender Studies, Entwirrung anbieten. Innerhalb des Stückstoffs küssen sich am Ende Mann und Frau, in der Inszenierung küssen sich zwei männliche Schauspieler. Das Spiel der Genderperformance nach Butler sticht hier durch die Labels der Rollen, aber zugleich durch die Schauspielkunst hervor. Verhalten und Ästhetik einer Person sind nicht aussagekräftig für ihre Genderidentität. „Hamed und Sherifa“ beweist dies auf ganz hervorragende und feinfühlige Weise, die trotz der unterliegenden komödiantischen Aspekte der Verwechslungskomödie die Essenz der binären Geschlechternormen untergräbt.
Auch wenn die Oper ab für junges Publikum ab 8 Jahren ausgeschrieben ist, hätte die ein oder andere Szene sicherlich weniger Unterhaltungswitz vertragen. Die Siegespose Ronaldos zu feiern, der wegen Vergewaltigungsvorwürfen in den Medien stand, wäre zum Amüsement definitiv nicht nötig gewesen. Zuletzt gibt die Inszenierung wesentliche Werte mit: Der Mensch ist, was zählt. Und so verliebt sich der König in einen Menschen und dabei ist es gleich, ob dieser Sherif oder Sherifa heißt.
Hier finden Sie das komplette Sonderheft DIE QUEERE BÜHNE.