Foto: "Der Vampyr" an der Oper Halle. Gerd Vogel, Ulrich Burdack, Anke Berndt © Mikesh Kaos
Text:Ute Grundmann, am 4. Juli 2014
Blutrot sind die Torbögen der Burg verhüllt, blutrot auch der Steg, der von Irgendwo auf die Bühne führt. Unter einem mächtigen Baum hat die Staatskapelle Halle ihren Platz. Sie liefert den auch musikalisch flotten Auftakt zu einem Chor aus Vampiren und ähnlichen Gestalten, die sich auf der Bühne so richtig schön gruseln. Dann bringen drei Männer mit schwarzen Kapuzenmänteln eine finstere Gestalt herein: Lord Ruthven, der um mehr Zeit bittet, sein bissiges Tun zu betreiben.
So beginnt im stimmungsvollen Hof der Moritzburg das Sommertheater der Oper Halle, wofür man sich Heinrich Marschners romantische Oper in zwei Akten, „Der Vampyr“, ausgesucht hat. Gespielt wird eine Neufassung von Jörg W. Gronius nach der Fassung von Hans Pfitzner, von dem dreistündigen Werk sind hier gerade mal 80 Minuten geblieben.
Damit das Publikum die Handlung vom Vampyr-Lord verstehen kann, der sich durch die bessere Gesellschaft beißt, und seinem Jugendfreund Aubry, der zwischen seiner Liebe zur auch gefährdeten Malwina (Anke Berndt als Lady mit Krallenhand) und dem Schwur, den Freund nicht zu verraten, schwankt, muss ein Erzähler her. Der ist hier ein teuflischer Conferencier in roter Paillettenhose, lila Frack und Lackzylinder, der oft, betont lässig und immer mit einer „nun gruselt euch mal schön“-Attitüde ins Geschehen eingreift.
Für dieses bunte Treiben auf der Bühne läßt Regisseur Wolf Widder den Chor immer wieder unter einer großen, raschelnden Plane heraus auftreten, um sich dann zum Such-Trupp mit Knüppeln und Mistgabeln zu formieren. Gesucht wird eine Biss-gefährdete Jungfer, was natürlich spitze Schreie mit sich bringt, von präzisen, schnellen Streichern gestützt. Auch die Schauerballade vom bleichen Mann wird im Dämmerlicht schön schaurig gegeben, mit dunklen Vampirschatten auf der Burgwand. Und es gibt ein paar schöne Details, etwa dass die Hände des Vampiropfers Emmy, auf dem Wirtshaustisch aufgebahrt, partout nicht gefaltet bleiben wollen.
Doch so sehr die Staatskapelle Halle unter GMD Josep Caballé-Domenech in solchen Momenten Marschners Schauer-Romantik funkeln lässt, die Inszenierung bleibt doch eine Best-Of-Nummern-Revue, immer wieder unterbrochen vom allgegenwärtigen Conférencier. Noch das Beste, was der Abend musikalisch zu bieten hat, sind die Duett-Duelle zwischen Ruthven (Gerd Vogel schön düster, aber ohne alle Klischees) und Aubry (Ralph Ertel zwischen tenoralem Mut und matter Zaghaftigkeit). Doch für eine wirkliche Entwicklung der musikalischen Linien und der Charaktere bleibt in dieser Kurzfassung keine Zeit, immer wieder muss schnell der nächste Effekt her und wohliges Schaudern auslösen. So scheint Marschners „Vampyr“ für ein Sommertheater nicht wirklich das richtige Stück zu sein.