Sie kommt immer wieder. „Was willst du hier?“ Wer kennt sie nicht, die Berichte von Frauen, die zu ihren prügelnden, vergewaltigenden Männern zurückkehren. Junkies? Was ist die Droge? Leila sucht Halt, Vertrauen, Gewissheit, sehnt sich nach Familienbande. Dann kommt die Sache mit dem Kind. Die Autorin konfrontiert Leila erstmal mit der Realität: Nachbarin Sybille ist die genervt überforderte, alleinerziehende Mutter. In ihren Gesprächen bestätigen sie alle Vorurteile, die Männer zum Kinderwunsch der Frauen haben: Sie wollen ihre Einsamkeit verlieren, sich gebraucht fühlen, die Leerstelle Vater muss mit etwas zum Liebhaben gefüllt werden, einer nur der Mutter gehörenden, zu beschützenden Kostbarkeit. Und überhaupt: Kinder bleiben, Männer ziehen immer weiter. Der Kinderwunsch scheint so den Anstrengungen geschuldet, in der Gegenwart heimisch zu werden. Andere Frauen kaufen sich erstmal eine Katze, Leila leiht sich Sybilles Sohn, ihren Halbbruder.
Plötzlich taucht beider Erzeuger, Sahid, auf – kommt nicht aus dem gelobten Land, sondern aus dem Knast. Der Wunsch, mit Papa nun nach Arabien zu fliehen, bleibt unerwidert. Sahid lässt seine Kinder erneut sitzen. Leila verlässt das Stück, um weiterzusuchen, ob das Ziel noch „Kind“ heißt, bleibt im Unklaren. Voller Empathie, frei von Sentimentalitäten und theatralem Brimborium inszeniert Annette Pullen die schroffen Kurzszenen, betont den holzschnittartigen Realismus. Das Spiel der beiden Hauptdarsteller Thomas Kienast und Andrea Casabianchi macht die Uraufführung zu einem Ereignis. Wie leidenschaftlich sie sich in die rohen, wenn auch nicht rohdiamantischen Dialoge und kurzen inneren Monologe hineingraben, sich schonungslos in den Rollen verausgaben, als gäbe es kein Morgen, so die Situation zum Glühen bringen, Fremde im eigene Leben zu sein, diese Trostlosigkeit vermitteln, nirgendwo hin und dazu zu gehören – dieses verzweifelte, gierige Umschlingen zweier Verlorener: sehr, sehr beeindruckend.