Vom oberen Bühnenrand fallen schon bald die Gitterstäbe herab. Neben dem Vater kommen auch andere Tänzer, um die Protagonisten in Schlingen zu legen. Was wir sehen, berührt uns bis ins Mark. Denn die Bilder sind so beklemmend archaisch wie eindrucksvoll: Skrupellos legt das Familienoberhaupt seine Hände zwischen die Beine der von Zuzana Zahradníková verkörperten Hauptfigur und hebt sie in die Luft, ein anderer Mann legt sie auf einen Stuhl und gleitet mit seiner Hand über ihren Bauch bis hin zu ihrem Hals. Benutzt sie wie ein Objekt. Immer wieder hören wir laute Paukenschläge, vernehmen eine Klangkulisse von ungemeiner Wucht: dissonant und zerstörerisch. Mann und Frau finden sich hier in einem Kampf der Geschlechter wieder. Indem Beatrice zuletzt ihren Vater ersticht, gelingt es ihr zwar, aus ihrem Marionettendasein auszubrechen. Den Sterbenden in den eigenen Armen zu halten, vermag jedoch keine Erlösung zu stiften. Monumentales Ballett ist das, ein starkes Drama über Unterwerfung und das vergebliche Ringen des Körpers um Autonomie und Würde.
Als wollte man die Zuschauer nicht mit dieser finsteren Weltsicht entlassen, in der schon andere prominente Frauen der Kulturgeschichte wie Emilia Galotti oder Anna Karenina an der männlichen Übermacht zerbrochen sind, legt man im zweiten Teil des Abends mit Stijn Celis‘ Inszenierung „Pulcinella“ nach. Auf einmal erwacht der Frühling der Liebe auf der Bühne. Und dies zu überraschend harmonischen Melodien Strawinkys. In bunten Kleidern entwickeln die Tänzer eine spielerische Bewegungssprache, die frei von jedweder Repression zu sein scheint. Nett, aber ohne Ambition plätschert diese Darbietung vor sich hin. Die existenzielle Ergriffenheit zu Beginn mündet leider in Langeweile und seichtes Tanzgeplätscher. Nichtsdestotrotz: Saarbrücken sucht die Kontraste und Spannungen.