Ihr gemeinsames Problem heißt Itamar, der immer dann, wenn er aufgefordert wird, nicht mit Löffeln zu werfen, genau dieses tut, sonstige Veränderungen verachtet, seinen Toast lieber verbrannt und sein Omelett gern pur mag. Die Diagnose einer Ärztekommission – eine autistische Störung – rückt ihn „ins Spektrum” und führt die Familie in die Krise. Und nun hat der Papa, der einst den Superdoc als Darmheldenfigur spontan im Notfall-Krankenhaus erfand, damit der Junge den verschluckten Schlüssel des geheimen Tagebuchs der Tochter wieder rausrückt, seinen akuten Kinderabholdienst vergessen, woraufhin die Mama, angeblich auf einer Konferenz, per Anruf verkündet, am Abend nicht nach Hause zu kommen – sie will eine Nacht Bedenkzeit.
Familienkonflikt und Publikumsrekrutierung
So hat der Vortrag ein plötzliches Ende und David – von Marc Schützenhofer mit überzeugender Präsenz und großem Charme gespielt – beide Kinder am Hals und bittet aufgrund der Verzweiflung die Großeltern um Hilfe: Beide Paare werden aus dem Publikum rekrutiert und mit Textbausteinen versehen, ehe es in Rückblenden um den Hintergrund des Familienkonfliktes geht.
Anschließend übt sich Neta – Katharina Stehr spielt die forsche wie selbstbewusste Mutter dem Partner ebenbürtig – in Auszeit mit Selbstzweifeln am Meer. Dort befindet sich an diesem Montagabend auch eine Hochzeitsgesellschaft, die im Hotel nur ein Zimmer frei ließ: die Präsidentensuite. Neta bucht sich als Penelope ein und hat später ein großes Solo als beschwipste Unglückliche, wobei sie dem Brautpaar in einer Art Predigt aus eigener Erfahrung Tipps für haltbare Liebesschwüre gibt.
Verschenktes Potenzial
Regisseurin Friederike Drews und ihre Ausstatterin Ev Benzing stellen bei ihrem Zittau-Debüt das Geschehen auf eine schräge Bühne zwischen zwei Vorhängen – fast die Hälfte der Zeit vergeht mit (bei der Premiere geglückten) Interaktionen mit dem Publikum: Mitspielerakquise, Umfragen, Reinrufen – all das sorgt für spontane Heiterkeit und ist im Stück so angelegt, erschöpft sich aber als Stilmittel.
So bleibt leider auch die Anspielung auf die Superhelden-Erfindung nur eine ironische Randnotiz und die Begründung für den Superheldenmantel, den der Sohn seither trägt, und der sich dann in diversen Ponchos für sechs mehr oder minder spontan mitspielende Zuschauer wiederfindet. Das anfangs verheißende Potenzial der Karikatur unserer verqueren sowie dekadenten Medienwelt wird später einfach vergessen. Und die Entwicklung des Ehedramas und dessen Pointe beruht auf zwei Unwahrscheinlichkeiten: Dass der beste Freund der Frau einen spontanen Barkuss verpasst und dass die Kreditgesellschaft noch am gleichen Abend die Buchung der Präsidentensuite im Strandhotel telefonisch bei ihm meldet, so dass sich die beiden Betrunkenen spätabends doch noch wiedersehen.
Grundproblem scheint aber, dass Witz und Komik auf Mitwirkung des Publikums angewiesen sind, so dass trotz allen Engagements der beiden Hauptdarsteller auch dröge Abende möglich sind. Dem Paar selbst gönnt der Text hingegen fast nur Drama und Streit. Was sie jenseits der mehrfach erklärten Liebe zu sich und ihren Kindern und vier Rom-Reisen als Partnerschaft zusammenhält, erfährt man nicht.