Innerhalb weniger Wochen entwickelte Pinar Karabulut aus einer modernen Textfassung von Ewald Palmetshofer die sechsteilige Online-Serie. „Edward II – Die Liebe bin ich“ feierte am 12. Februar Premiere, jeden Freitag erscheint fortan eine neue 20 bis 30-minütige Folge. Schnell ist klar: Die Konflikte der politischen Persönlichkeiten werden allesamt ins Private verlegt. So kämpfen Edward und Gaveston im Verborgenen um Liebe, Leidenschaft und ihr persönliches Glück. Dem Druck und der Kontrolle durch die Lords und ihre Verbündeten tut das keinen Abbruch, sie arbeiten schon an Gavestons Tod.
Gedreht wird zwischen Plattenbauten und in einem Kölner Nobelhotel. Die Schauspieler*innen des Schauspiels Köln machen sich gut in diesem anderen Medium, in dem ihnen das zuschauende Auge viel näher kommt, als auf der Theaterbühne. Es wird elegant, innig, heiß. Herausragend Alexander Angeletta als Edward. Erst machtbewusst, ein Star in seinem Kleid mit einem Korsett, dass die Brust freilegt. Dann zärtlich, verletzlich in einem seidenen Morgenmantel (Kostüme: Teresa Vergho).
Aber warum jetzt dieser Klassiker als neue Serie? Bringt uns das in Zeiten der Pandemie weiter? Die Antwort lautet: „Ja“! Da kämpft jemand erbittert darum, seine Liebe leben zu dürfen. Dieser vermeintlich simple Umstand weist erdrückende Parallelen zu heutigen Schicksalen auf. Jeden Tag müssen lesbische, schwule, bisexuelle, queere, nicht-binäre und trans* Menschen auf dieser Welt einen wesentlichen Teil ihrer selbst verstecken. Aus Angst vor Ablehnung und Hass. Sie müssen kämpfen, gegen bestehende Strukturen und herrschende Normen. Was bei Familienplanung und Karriere heterosexueller Cis-Menschen keine Rolle spielt, kann ihnen den eingeschlagenen Weg versperren. Und das nicht nur in anderen Ländern. Erst vor wenigen Tagen tun sich hierzulande 185 Schauspieler*innen zusammen und outen sich in einer großen Tageszeitung als lesbisch, schwul, bisexuell oder trans, für Anerkennung und mehr Sichtbarkeit.
Karabuluts Serie tut also genau das, was das Theater tun sollte: Geschichten erzählen, Missstände aufzeigen, auf Veränderung drängen. Auch in Zeiten der Pandemie sind Geschichten queerer Menschen hochaktuell. Mehr noch, gerade jetzt ist es zentral, über die Diversität unserer Gesellschaft zu sprechen. Denn wie so manch anderes Thema, verschwindet auch dieses neben dem Coronavirus zu schnell im medialen Papierkorb.
Der erste Teil der Serie spornt an weiterzudenken, macht neugierig auf mehr. Und der Ausblick ist vielversprechend, jede der neuen Folgen kommt in einem anderen Genre daher – wie genau das aussieht, ist noch ein Geheimnis.