Klassiker mit Spielzauber in Gera
Viele dürften die Geschichte von Elizabeth Shaw aus ihrer Kindheit kennen. Gerade in der DDR war das Bilderbuch mit den markanten Tierzeichnungen ein Klassiker. So aber hat man die Ermutigungsstory noch nie gesehen: Denn Pierre Schäfer hat fürs Theater Altenburg-Gera eine eigenständige Puppentheaterfassung aus der Vorlage erstellt. Und die ist famos.
Einfach ist das Bühnenbild in Gera gehalten, das eben jene Blumenwiese zeigt. Vorn steht ein ebenfalls mit Wiesenmotiv verdeckter Tisch, der als Bühne dient. Dort treten Moritz und seine ebenso ängstliche Oma, die hübsche Franzi mit den Schlackerohren und der unbekümmert-unvorsichtige kleine Uli („eingepullert, oh je“) als kuschelige Gliederpuppen auf. Der Fuchs ist ein Klappmaulvertreter, der Schmetterling eine kleine Stabmarionette (Bühne und Puppen: Beatrice Baumann). Spieler Tobias Weishaupt animiert die Figuren geschickt und verleiht ihnen dank kleinster unterschiedlicher Bewegungen individuellen Charakter.
Wenige Requisiten benötigt Weishaupt, um seinem Publikum ab vier Jahren das Geschehen zu verdeutlichen. Da ist mal ein lockender Möhrenhaufen, mal eine dampfende Kaffeekanne, mal kreiselt ein Aufzieh-Blechkarusell. Den Nachbarshund stellt ein Wackeltier dar. Eine Schreibtischlampe wacht über Moritz‘ Schlaf und illuminiert dann seine Träume als Schattentheater: Das Papier, mit dem der Bühnentisch abgespannt ist, ist transparent und man sieht die Silhouette des tanzenden Karussells. Mittels Miniaturhäusern und einem Baum fürs Ambiente stellt Weishaupt auch einmal eine Ortsansicht von Hasendorf nach – und lässt die Kirche im Dorf.
Freude am Theater entdecken
Geräusche aus dem Off und klassische Musik à la Strauß färben die 45 Angsthasenminuten in Gera akustisch. Nach dem er gestisch ein zackiges Konzert gegeben hat, erntet der Spieler sogar fröhlichen Zwischenapplaus. Dass man ganz dicht dran ist an ihm, an der Bühne, schafft vertraute Nähe. Man meint fast einem Magier im Close-Up-Zaubern zuzuschauen, wenn Weishaupt ganz in Schwarz gekleidet und mit Zylinder seine Figuren zum Leben erweckt. Einmal zieht er wirklich ein weißes Kaninchen aus dem Hut. Aber das ist nur der Uli.
Auf erzählerischer Ebene fließt viel Wortwitz ein, der auch die Großen schmunzeln lässt. Aber die Geschichte wird so einfach gehalten wie im Original, damit sie niemanden überfordert. Das ist zauberhaft anzusehen. Und auch der Seitenblick zu den jungen Zuschauenden lohnt. Denn hier erkennt man unverstellte, ehrliche und begeisterte Theaterfreude.