Dabei ist es außergewöhnlich und doch stimmig, dass dieses Projekt am konventionellsten Platz des Theaters überhaupt stattfindet: im Theaterraum, auf der Bühne, die Dido Gkogkou mit Markierungen und Emblemen überzogen hat; ein Spielfeld und eine Filterblase schlechthin. Hier bewegen wir uns nun, die mit Smartphones ausgestatteten Besucherinnen und Besucher, bilden zu teils spaciger Musik Kleingrüppchen, liegen sinnend auf dem Boden oder stehen, auf den Bildschirm fixiert, herum – stets auf Anweisung des (analogen) Spielanleiters René und der (digitalen) Game Master Sara, Alex und Steven, die via Chat mit uns in Kontakt treten und einander nicht selten heftig in die Parade fahren.
Für die Dauer der Performance dürfen wir uns eine virtuelle Identität zulegen, werden zur Beantwortung persönlicher Fragen aufgefordert, deren Auswertung immer wieder initiierte Zusammentreffen mit anderen Mitspielern nach sich zieht. Zumindest in Teilen entsteht so eine wahrhaftige Begegnungszone, in der eigene Geschichten Platz haben. An den eingestreuten Quizfragen überrascht indes weniger, wie schlecht man informiert ist (wem ist die Nutzung von Algorithmen beim Sandwichmachen bekannt?); wirklich verblüffend ist die soghafte Aufnahme von Daten und ihre sekundenschnelle Verwertung, die das Smartphone-Display etwa in Kreisdiagrammen anzeigt.
Eine Aufmerksamkeit, ja Betroffenheit für die ungeheure Datenfluktuation zu schaffen, ist das Hauptanliegen von „Bubble Jam“, und so verwundert es nicht, dass man von den eingangs angekündigten Missionen, die den Kern des Spiels ausmachen sollten, nicht viel sieht. Das Skript umschifft sich selbst, doch der restliche Abend verläuft auf andere Art arg geskriptet: „Bubble Jam“ erleidet einen Hackerangriff, schließlich steht ein Verantwortlicher leibhaftig zwischen den Besuchern auf der Bühne und gesteht, uns „verarscht“, sämtliche Daten gespeichert zu haben, die er aber nun gelöscht haben will. Am Ende doch die unausweichliche Warnung übers Smartphone: Glaubt bloß nicht, dass eure Daten sicher sind!
So gestaltet sich „Bubble Jam“ durchaus als ambivalente Erfahrung, im Zuge derer die Entscheidungsfreiheit im digitalen Raum als massiv manipuliert entlarvt und kritisches Bewusstwerden gefordert wird, die aber auch das Erstaunliche, Vielfältige, im guten Sinne Weit-Reichende und Welt-Bewegende hervorhebt. Begann die Gruppe das Experiment in einer gemeinsamen Konzentration, zerfiel diese Blase allerdings zunehmend und faserte in Einzeldynamiken aus. So bleibt dem nächsten Rimini Protokoll-Projekt für Jugendliche doch noch ein bisschen mehr gemeinsame Mission zu wünschen.