Ost-Berlin in den Achtzigern. An der Mauer, auf der Lauer lebt der junge Michael. Was soll ihn schon die Beton-Barriere kümmern, wenn er das Leben noch vor sich hat und verliebt ist? Um Michael Kuppisch und seine Clique ist „Sonnenallee“ gestrickt, das Mareike Mikat am Dresdener Theater Junge Generation inszeniert hat. Der Regisseurin glückt hierbei jene Gratwanderung, die vom Kinder- und Jugendtheater oft gefordert und fast ebenso häufig nicht erfüllt wird: Ihre Inszenierung spricht sowohl junges wie älteres Publikum wirklich an. Wohl auch, weil sie dem DDR-Alltag ohne Verklärung einigen Groove abgewinnt.
Thomas Brussigs erzählerische Qualitäten sind bekannt, im Roman „Am kürzeren Ende der Sonnenallee“, 1999 erschienen, widmet er sich vergnügt den Alltagssorgen junger Heranwachsender. Micha und seine Clique haben auf FDJ und den real existierenden Klassenverband keine Lust. Das Herz der vier Freunde schlägt für Breakdance, akrobatisches Tanzen zum West-Hiphop bedeutet ihnen Freiheit. Auf der Sonnenallee – abgeschnitten vom sogenannten antifaschistischen Schutzwall – üben sie ihre Moves nur einen Steinwurf von der Mauer entfernt. Dabei versuchen sie, sich nicht vom Abschnittbevollmächtigten (ABV) bei ihrem unsozialistischen Tun erwischen zu lassen und sich auch sonst einigermaßen zu arrangieren mit ihrer Lebenslage. Und dann ist da Miriam, für die Michael schwärmt, die sich aber – wie das so oft ist in der Pubertät – mehr für Ältere interessiert. Mikat hat den Episodenroman komplett in die Mitte der 1980er verlegt (bei Brussig beginnt die Handlung etwas früher) und zu einem Stationendrama zusammengestrichen, das trotz aller Wirrungen einer recht stringenten Linie bis zum ersten Kuss von Michael und seiner Amour fou folgt. Mit Humor und feinem Situationsgefühl verknüpft sie die einzelnen Szenen zur aberwitzigen Coming-of-Age-Revue – viel Musik und manche Tanzeinlage inklusive.