Erika Fischer-Lichtes Theaterformel „A spielt B und C schaut zu“ lässt sich, so lernen wir, mühelos aufs Figurentheater anwenden: „A animiert M, stellt so B dar und C schaut zu“. So, weit, so logisch. Wir lernen weiter (Praxisbeispiele inklusive), was alles animierbar ist: Maske, Stabpuppe, Marionette, Stockpuppe, Fingerpuppe, Flachfigur, Papierfigur, Tischpuppe, Gliederpuppe, ja auch Barbie und Playmobil! Und wir eilen durch die Historie des Puppentheaters: Von Tattermännern in mittelalterlichen Handschriften, dem Harlekin der Commedia dell’arte, dem Kasperl des in München gegründeten ersten deutschen Puppentheaters (der als lustige Kinderfigur vorrangig pädagogischem Zweck diente), zu Schattenspiel, Filmscherenschnitten und dem proletarischen Kasperle-Theater der kommunistischen Propaganda („Kasperle muss ein Arbeiterjunge sein, der den Kapitalisten eins auswischt!“). Klar: auch Goebbels’ Propagandaministerium war ein „Reichsinstitut für Puppenspiel“ unterstellt, zur Moralhebung der Soldaten nützte das Spiel allemal.
Bis in die heutige deutsche Figurentheaterlandschaft führt uns Tim Sandweg in weißem Kittel und dozierendem Plauderton, während „seine“ Puppenspielerin atemlos Figuren aus Kisten kramt, spielt, singt, tanzt, aufräumt. Ihre finale Vorstellung von „Schneewittchen“ (Praxisbeispiel!) macht dann das Wunder der vielfältigen Objektbelebung greifbar: Susanne Søgaard führt eine liebevoll-zerzauste Schneewittchen-Marionette, spielt selbst (mit giftgrüner Perücke) eine herrlich garstige Stiefmutter und präsentiert die sieben Zwerge als kleine rollende Tischpuppen. Köstlich. Prädikat: Besonders wertvoll.