Foto: Matthias Walter als angehender Ritter in Bernhard Studlars "Human being Parzival" © Tom Schulze
Text:Ute Grundmann, am 5. Oktober 2012
„Dumm gelaufen“, findet auch Parzival, obwohl er nicht so richtig versteht, warum diese blöde Frage so wichtig gewesen sein soll. Erst als ihn seine Kusine Sigune anblafft: „Du hast es verbockt!“, dämmert ihm, dass er da wirklich was verpennt hat in seiner Unbedarftheit. Mit solcher Schnoddrigkeit lässt Bernhard Studlar die Figuren seiner Heldenepos-Bearbeitung immer mal wieder auftreten. Und Jürgen Zielinski hat „Human being Parzial“ zum Saisonauftakt im Theater der Jungen Welt in der genau richtigen Mischung aus alter Sage und heutigem Abenteuer-Trip inszeniert, für Zuschauer ab 13.
In den großen Saal hat Vera Koch eine zunächst schlicht aussehende Arena-Bühne gebaut, an den Längsseiten sitzen in zwei Blöcken die Zuschauer. Doch auf der schwarzen Fläche findet sich ein Wasserbassin mit Steg und Plastikentchen; aus einer Rampe kann ein Pfahl(Baum) wachsen und drin ein Feuerchen Parzival wärmen. Hier hat auch Percussionist Clemens Litschko seinen Platz, der der Aufführung einen ganz eigenen Rhythmus mitgibt. Und über allem schwebt ein Segel, in dem sich schon mal das Meer spiegelt.
In dieser Mischung aus Poesie und Nüchternheit, Pathos und Laxheit kommt auch Zielinskis Inszenierung daher. Das beginnt mit Trommelwirbel, Posaunenklang und Ritteraufmarsch; in die erste Szene von Mutter Herzeloide und Sohn Parzival säuselt eine Off-Stimme „Es war einmal, meine Damen und Herrn, liebe Kinder“. Da wird auch gezeigt, wie (mühsam) man ein Ritter wird – unzählige Wamse, Schoner, Visiere, Helme müssen übergestreift und befestigt werden -, und mittenrein wuselt als Merlin ein kleiner, weißer Spielzeughund.
Solche Brechungen beschädigen die Parzival-Geschichte nicht, holen sie aber wirksam vom Sockel. Auf dem hat die Figur, wie der neu engagierte Matthias Walter sie wunderbar spielt, auch nie gestanden. Das Staunen im Gesicht wird er nie ganz los, aber es bekommt mit der Zeit Schrammen. Er kann die Mutter atemlos nach Gott, Vater und der Welt fragen, aber auch ins Publikum grüßen wie ein Politiker beim Bad in der Menge. Und er kann auch sehr herzlos und herrisch sein, wenn er dem von ihm erschlagenen Roten Ritter die Rüstung vom Leib zerrt oder seine Gegner mit dem Schwert „vom Acker“ schickt.
Um ihn herum wechseln die Schauspieler in verschiedene Rollen oder fungieren als Erzähler im Wechsel von gespielten und (nur) gesprochenen Szenen. Das ergibt einen sehr dichten, spannenden Bogen der Wandlung(en) des „tumben Toren“, der ein großer Recke sein will, aber auch im schrägen Lichtstrahl behutsam einen Vogel fängt. Am Ende empfiehlt ihm Anfortas, die Burg mal richtig durchzulüften. Das hat Jürgen Zielinski mit dieser gut zweistündigen Inszenierung schon getan.