Foto: Vivienne Hötger, Roni Brandstater und Ensemble in "Triple Bill" der nordwest/Tanzcompagnie Oldenburg. © Andreas J. Etter
Text:Isabell Steinböck, am 17. Juni 2011
Die Tänzerin steht mit zitterndem Körper, wie zur Verteidigung gespannt. Aus den Lautsprechern ertönt Jimi Hendrix` E-Gitarre, die junge Frau hebt ihre Faust. Keine Spur von Liebe, Freiheit oder musikalischer Ekstase. Arco Renz findet in den 1968ern Unfreiheit und Gewalt. Der belgische Choreograf und Gründer von „Kobalt Works” geht wie Omar Rajeh und Iztok Kova? der Frage nach, was die Musik von Deep Purple, Pink Floyd oder Joan Baez heute noch faszinierend macht. Am Theater Bremen brachten sie mit der Tanzcompagnie Oldenburg „Triple Bill” auf die Bühne – drei Choreografien, die nicht nostalgisch verklären, sondern Vergangenes als Vorlage für Neues nehmen.
Futuristisch wirkt Arco Renz` Choreografie “2069”, wenn er Pin-Chieh Chen im Dunkeln auf weißem Teppich gegen imaginäre Widerstände angehen lässt. Dass der Belgier Kampfkünste bei asiatischen Meistern studierte, ist unverkennbar. Individuen rollen emotionslos übereinander, liebkosen einander müde mit wenig originellen Bewegungen. Ekstase war gestern.
Das zweite Stück des Abends, choreografiert vom Künstlerischen Leiter des Maqamat Dance Theatres Beirut, Omar Rajeh, wirkt bedeutungsschwer. Lange Blicke, gewollt langsame Umarmungen verleihen der Choreografie ein eher abschreckendes Pathos. Rajeh selbst beschreibt „It`s May, May-be or May-never” als eine Art zweiten Teil von „Beyrouth Jaune”, einer Produktion, die sich mit Hautfarbe, religiösem Fundamentalismus und Sexualität beschäftigt.
Wie gut, dass Iztok Kova?, Direktor des Kulturzentrums Spanski Borci im slovenischen Ljubljana, „Child in Time” mit leichterer Hand angeht. Wenigstens in Ausschnitten macht er die Faszination der 1960er erkennbar, wenn er das Ensemble in Batikkleidung virtuos tanzen lässt. Kova? spielt mit Klischees und greift das Thema mit Humor als “Ausverkauf” des „Flower Power“auf: „Einfach mal wild und frei sein!” Eine dynamische Choreografie, die das Ensemble mit wehenden Haaren durch Nebelschwaden springen lässt. Etwas Nostalgie muss schließlich erlaubt sein.