In Leichenstarre
Mit einer auch sprachlich verqueren Syntax zeigt Schmalz in seinem nun bühnentechnisch realisierten Romandebüts ein großes, schwarzhumoriges Projekt des Scheiterns. Wie er Binsen und Illusionen über den Tod dekonstruiert und zunächst jedwede plausiblen Aufklärungsversuche an die Wand fahren lässt, so zerpflückt Regisseurin Rike Süßkow sämtliche bereits im Text ironisch angelegten Stereotypien. Neben den typischen Jagdmotiven wie dem Hirschgeweih und dem Rehragout, die auf der Bühne allpräsent sind, überzeichnet sie Szenen in der Pathologie oder der Spelunke „Gittys Eck“. Kau-, Schleck- und Schlürfgeräusche inklusive! Schließlich gehören doch gerade sie zum Ekelinventar des klassischen Splatter- und Horrorgenres. Und auch für die Anwesenheit der längst ausgestorbenen Dinosaurier ist gesorgt. Sie, im Speziellen der mehrfach zu sehende Triceratops, wollten im Gegensatz zu Dr. Schauer einstmals nicht freiwillig abtreten. Da es ja immer um den Tod geht, unterlegt Süßkow die Wechsel zwischen den Spielorten ferner mit Ausschnitten aus verschiedenen Requiems.
Zweifellos markiert dieses musikalische Pathos die Fallhöhe jenes radikalen und gewiss wagemutigen Regieansatzes. Obgleich er im ersten Viertel des Abends für Verblüffung und reichlich Komik sorgt, gerät die Drehbühne allerdings bald schon buchstäblich in einen Leerlauf. Die Festgestelltheit der Figuren erscheint dann nicht mehr als Joke oder gar Anspielung auf den alles in Ruhe versetzenden Tod, sondern zunehmend als selbst auferlegtes Korsett. Es bremst die Dynamik von Text und Aufführung sichtlich aus. Dann zündet nicht einmal mehr der Slapstick richtig. Und gab es überhaupt sonst noch etwas? Ach ja, die Auseinandersetzung mit dem Sterben. Auch sie verläuft abseits lediglich angeschnittener Grundsatzfragen irgendwie im Nichts. So bleibt ein wenig Vergnügen und Überraschungskitzel – sowie mithin das Wissen, dass das Schauspiel Frankfurt ansonsten noch mehr Tiefenschichten zu bieten hat.