All das ist unterhaltsam, üppig visualisiert und mit einem formidabel spielfreudigen Ensemble umgesetzt: Jelena Kordićin ist ein fideler, gut artikulierender Hänsel, Amelia Scicolone gibt mit warmer Höhe ein famoses Rollendebüt als Gretel, Kammersänger Thomas Jesatko überzeugt als Vater, Marie-Belle Sandis als Mutter Gertrud. Einzig die rosa Knusperhexe von Raphael Wittmer klingt zeitweise übersteuert, da schienen Technik oder Bühnen-Position nicht ausgefeilt. Die Kammermusikfassung unter dem flotten Dirigat von Mannheims Generalmusikdirektor Alexander Soddy kann zwar keinen spätromantischen Live-Klang ersetzen, erst recht nicht in einer auf 90 Minuten gekürzten Fassung. Aber sei‘s drum: Man sitzt eben nicht im Theater, sondern muss sich pandemisch arrangieren, und das gelingt hier im musikalischen Zusammenspiel überwiegend homogen – bis zum finalen „Erlöst, befreit“, das der Masken-tragende Kinderchor von den Emporen des Zuschauerraums glockenklar gen Bühne hinübersingt.
Dass sich die Familie zum „Vater, Mutter…!“ nicht in die Arme schließen darf, sondern gehemmt abstandskonform voreinander stehenbleibt, ist dann der wohl merkwürdigste Moment einer fluffigen Neuproduktion, die allen Theaterhunger für beglückende anderthalb Stunden vergessen macht.
Nach der TV-Premiere im Rhein-Neckar-Fernsehen ist die Produktion ab dem 19. Dezember auf der NTM-Website als Stream abrufbar!