Foto: "Mal was Afrika" am Theater Konstanz © Tine Edel, St. Gallen
Text:Manfred Jahnke, am 13. Juni 2014
In „Mal was Afrika“ legt der junge Autor Dmitrij Gawrisch eine bitterböse Analyse des Kulturbetriebs vor. Kunst verwandelt sich in Ware, auch, wenn das die drei Performer, die in diesem Spiel agieren, es zunächst nicht wahrhaben wollen. Sie wollen ihre Kunst leben, mit Aktionen, die die Grenzen des Körpers voller Risiko austesten. Gawrisch führt hier drei grundsätzliche Haltungen vor. Deshalb haben die Drei auch keine Namen, sondern bleiben anonyme A, B und C. Diese Reduktion zeigt sich auch in der sprachlichen Realisierung, die mit kurzen atemlosen Sätzen arbeitet und die Floskelhaftigkeit dieser „Kunstsprache“ entlarvt. Gawrisch montiert mit großem Vergnügen seinen Text, der so einer musikalischen Komposition gleicht. Obwohl ganz auf die Sprache konzentriert, entsteht auch eine Handlung. Nachdem sich A und B von C getrennt haben, wollen sie nach Afrika, dort versprechen sie sich einen größeren Erfolg in der multikulturellen Arbeit, wollen Lebensgeschichten sammeln, benehmen sich aber wie Kolonialherren und bereiten sich auf ihren großen Auftritt vor. Kurz vor Beginn der Performance, erkrankt B lebensgefährlich und fällt in Koma. Da hat A den Einfall seines Lebens, er filmt seinen totkranken Partner und setzt seine Filme ins Internet. Mit dieser Aktion kommt der Erfolg. Zurück in Deutschland vermarkten sie ihre Afrikaerfahrungen, der Intendant des Stadttheaters erteilt ihnen einen Stückauftrag.
Unschwer zu erkennen, dass in diese Performance die Erfahrungen von Peter Brook bei seinen Afrikaexpeditionen eingegangen sind, wie die Methoden des biografischen Theaters oder die von Performancekünstlern wie Marina Abramovic. Satirisch zugespitzt und voller Lust notiert der in Kiew geborene und in Bern aufgewachsene Gawrisch seine Schmerzen an diesen Kulturbetrieb. Kein Wunder, dass das eingereichte Exposé „Mal was Afrika“ 2013 den Hauptpreis beim 2. Autorenwettbewerb der Theater Konstanz und St. Gallen gewonnen hat. Mit diesem Preis ist die Weiterarbeit am Text und eine Aufführung verbunden, die an beiden Häusern gezeigt wird.
In dem von Michael S. Kraus entwickelten Raum, der als eigentliche Spielstätte nur eine schräge runde Spielfläche kennt, die wiederum überwölbt wird von einem ebensolchen Kreis, nach hinten durch einen Vorhang aufgehäufte Möbelstücke zeigt, entwickelt die Regie von Tim Kramer ein temporeiches Spiel. Zunächst einmal erfindet er ein Vorspiel, eine Art musikalische Performance, wenn die drei Spieler „Fuchs Du hast die Gans gestohlen“ röhren. Nach diesem Auftakt entwickelt Kramer mit seinen Schauspielern Christian Hettkamp (A), Tim Kalhammer-Loew (B) und Marcus Schäfer (C) drei schräge Typen, wie sie tatsächlich im Kulturbetrieb zu finden sind, gleichermaßen sympathisch und unsympathisch, zumal sie ständigen Publikumskontakt halten. Wie die Drei zwischen karikaturhafter Verzerrung und ernstem Anliegen balancieren, sind kleine Kabinettstückchen. Die Regie von Kramer unterstützt die Schauspieler durch kleine Einfälle, wie das Publikum zu Afrikanern zu erklären oder eine Zuschauerin auf die Bühne zu holen.