Und Jutta Ebnother fügt dem Oratorium die Dimension des Bildnerischen bei. Das ist keine Illustration des Textes. Ihre Körpersprache schafft zu Haydns phantasiereicher Musik phantasierte Allegorien vom Werden des Daseins aus dem Chaos hin in eine noch heile Welt, zum Glück. Sie zeigt urige Wesen, die aus amorpher Masse heraus Gestalt annehmen, sich ins Leben winden, sich paaren, flattern, springen. Sie figuriert verschränkte Skulpturen, die vital werden, aufwachsen. Sie schöpft Gruppen, Soli, Duette, Terzette mit den sportiven Elementen des modernen Tanzes, gemischt mit klassischem Material, dem sie oft vibrierende Schnörkel durch Arme oder Füße aufsetzt. Gleichsam expressive Körper-Lyrik ohne Reim. Dazu Tableaus, in denen die Sonne erscheint wie ein Ufo, der blaue Planet als Spielball gerollt wird, ein riesiges wogendes Seidentuch, dessen Farbpracht an Chagall denken lässt, ungestümes Werden von Umwelt markiert. Und, ideale Idee, die Engel, Gabriel, Uriel und Raphael werden auch als Beobachter ins Geschehen einbezogen. Auf einer Bühne aus Tüchern, versetzbaren Wänden und Lichtstäben von Flurin Borg Madsen, die an Weite und Leere des Weltalls erinnern könnte.
Das kleine internationale Ensemble, im schwarzen Dress mit weißer Gravur oder zarten Kleidchen von Adriana Mortelliti, schöpft sein Potential intensiv aus, da pulsieren Energie und Spiellust, immer wieder auch in prägnanten Soli, wofür Fem Rosa Has, Magdalena Pawelec und Ennio Zappalá stehen.
Im Nebel dann, der sogar aus dem Orchestergraben aufsteigt, suchen und finden sich Adam und Eva. Jetzt strömt es klassisch. In einem Pas de deux voller ästhetischer Effekte imaginieren die souverän elegante Eliza Kalcheva und der virile Dan Datcu die „Krone der Schöpfung“ mit Staunen, Anmut und Innigkeit.
Ebnothers „Schöpfung“ ist kein religiöses Ritual. Sie nimmt himmlisches Geschehen als menschliches: „Mit Würd und Hoheit angetan, mit Schönheit, Stärk und Mut begabt… steht der Mensch“, wie Uriel verkündet. Dafür steht diese Aufführung als heitere Andacht.