Dennoch wirkt die Bearbeitung von Fransz und Richter statuarisch. Beide, scheint es, sind in den Roman verliebt. Statt zu fokussieren, erzählen sie in epischer Breite. So entsteht eine Abfolge von Aktionen, aber keine dramatische Dynamik. Diese mangelnde Dynamik verwundert um so mehr, als Mareile Krettek, ein praktikables Bühnenbild geschaffen hat, das im Zentrum aus einer Drehscheibe mit drei Bahnen besteht und zwei verschiebbaren Elementen, wie zwei Vorhängen vor der Drehbühne, die schnelle Verwandlungen ermöglichen. Allerdings müssen diese von den Spielern selbst betätigt werden, wobei bis zum Aufbau des nächsten Tableaus doch ein Tempoverlust zu konstatieren ist. Dabei kann Fransz ziemlich viel aus dem Bühnenbild herausholen. Mit ganz unterschiedlichen Formen bis hin zum Schattenspiel findet er für „Gips“ immer wieder überraschende szenische Lösungen, die Staunen auslösen. Wie zum Beispiel, als Bente eine Spritze bekommt und dabei als Schattenbild winzig klein ist, der Krankenpfleger (Pan Aurel Bucher) hingegen riesig wirkt. Und wie immer in seinen Inszenierungen lotet er gerne die komischen Potentiale seiner Vorlage unterhaltsam aus. Allerdings wirken die jungen Darsteller, die alle ihre starken Bilder haben, noch ein wenig unsicher, zumal sie Mareile Krettek in grelle, das Groteske streifende Kostüme steckt, die den Blick auf die Figuren eher verstellt als dass ihnen hilft. Das ist schade, denn Anne Bontemps als Fitz, Helene Schmitt als Schwester Bente, Miriam Morgenstern als Primula oder Janosch Fries versprühen Charme und deuten an, welche darstellerische Potenz da lauert. Wie oft arbeitet auch Fransz mit Doppelbesetzungen, in dem aus dem Stand heraus die Rollen gewechselt werden, was unter anderem mit grotesken Perücken für weiteres komisches Potential sorgt.
Vielleicht gibt es da noch eine ganz andere Erklärung: „Gips oder Wie ich an einem einzigen die Welt reparierte“ ist der Start der Intendanz von Andrea Gronemeyer an einer rundum erneuerten Schauburg. Die Spielräume nennen sich nun analog zu den „Kammern“ der Münchener Kammerspiele „Burg“. Und die Erwartungen waren und sind groß. Kein Wunder, dass im Zuschauerraum nicht nur die Münchener Kultur vertreten war, allen voran der Kulturreferent Hans-Georg Küppers, sondern auch die Spitze der bundesdeutschen Kindertheaterszene. Wer sollte da nicht nervös werden?