Foto: Finale auf dem Laufsteg des Kölner "Kaufmanns von Venedig" © Thomas Aurin
Text:Detlev Baur, am 21. Februar 2014
Die Bühne verläuft als langer Laufsteg längs zum sehr breiten Zuschauerraum in der Zwischenspielstätte des Kölner Schauspiels. Thomas Dreißigacker hebt so Stefan Bachmanns Inszenierung auf ein Podest und bringt sie gleichzeitig nah ans Publikum heran. Nach dem ersten Schaulaufen und –spielen in diesem “Kaufmann von Venedig”, finden in der Folge auch einige Szenen, etwa die zentrale Gerichtszene unterhalb des Stegs statt.
Gleich zu Beginn unterstützt eine Band (mit Sven Kaiser am Klavier oder Keyboard und wechselnden Schauspielern an unterschiedlichen Instrumenten) Antonio bei einem melancholischen Lied. Das wird von den zwillingsgleichen komischen Gestalten Solanio und Salerio (Johannes Benecke und Thomas Müller) relativiert. Jörg Ratjen wiederum zeigt einen mit sich ringenden Lancelot; Bruno Cathomas ist ein anfangs sehr schmieriger, später kurzfristig aufrichtiger Außenseiter, am Ende wird er zum skurrilen Messerwetzer. So gestaltet sich die lange Exposition des Stücks einigermaßen unterhaltsam, wird aber selten packend. Das Märchen von der schönen Portia (Yvon Yansen) und ihren drei Kästchen, von denen eines den Schlüssel zum Glück enthält, bleibt durch drei körperbemalte junge Damen freundlich harmlos. Nach der Pause wird die Gerichtsverhandlung ums Fleisch des verschuldeten Antonio in ein heutiges Umfeld gebracht, ohne dass dadurch das aus heutiger Sicht ohnehin unhaltbare Vertragswerk und seine Folgen dringlicher erschienen.
So bleibt dieser gesamte Kölner “Kaufmann” ein nettes, aber auch unverbindliches Spiel. Bezeichnenderweise endet diese Inszenierung mit einem melancholischen Lied. Die schönste, weil widersprüchlichste Szene ist, wenn sich Shylocks Tochter (Julia Riedel) mit einer SS-Uniform verkleidet, während ihr Geliebter Lorenzo (Jakob Leo Stark) in das Gewand eines orthodoxen Juden schlüpft. Mehr als ein groteskes Märchen scheint der Abend aber nicht zu erzählen, die Figuren wirken auf und unter dem Steg überwiegend unterkühlt und unscharf. Weit mehr Hass und Emotion war da beim Kampf einiger durstiger Zuschauer um das Pausengetränk zu erleben.