Foto: "Die mich jagen" von Eva Rottmann. © Theater Baden-Baden
Text:Bettina Schulte, am 7. Juni 2011
Ein junges Mädchen, das sein Leiden an der Gleichgültigkeit der Welt hinter einer rotzigen Fassade versteckt; ein junger Mann, der schüchtern-verklemmt an die romantische Liebe glaubt; ein verwahrloster Rentner, der wie eine Spinne im Netz an seinem Wohnungsfenster hängt: Wäre doch gelacht, wenn sich daraus kein dramatisches Kapital schlagen ließe. Eva Rottmann, Jahrgang 1983, hat mit ihren Stücken schon mehrere Publikumspreise gewonnen: Für „Skills“ 2009 beim Stück Labor Basel, für „Unter jedem Dach“ 2010 beim Heidelberger Stückemarkt. Das Kammerspiel „Die mich jagen“, das jetzt in Baden-Baden uraufgeführt wurde, war eine Auftragsarbeit: ein Jugendstück, das nicht im charmanten neobarocken Theater, sondern im TIK, der in einem Nebengebäude untergebrachten Bühne für Junges Theater, gezeigt wird.
Lucia Becker hat auf die schmale Bühne einen dreiteiligen Container gebaut mit der verkommenen Wohnung (Achtung: Bierkasten!) des Alten Adam (Fritz Peter Schmidle), dem Hausflur mit Spinden für das Mädchen Charlotte (Anne Leßmeister) und der wohl situierten Wohnung des Jungen Jannik (Daniel Fischer). Denn in Rottmanns Drama geht es nicht nur um eine Ehe, die am aus der Not geborenen Geiz erstickt, was das Ende für eine Bratpfanne nach sich zieht, und um eine aufkeimende erste Liebe, sondern auch um den Kampf von Arm gegen Reich. Ein bisschen viel für eine gute Theaterstunde, die überdies mit einem (teichoskopischen) Polizeieinsatz und zwei Toten endet. Die Regisseurin Laura Huonker hat sich brav an die Vorlage gehalten, die vor allem am Anfang durch einen flotten Ton nahe am Jugendjargon hervorsticht, deren Plot sich aber zu hanebüchenen Konstruktionen versteigt. Warum sich Adam in der Wohnung und dann im Schrank von Jannik verbarrikadiert und wie die nicht existente Mutter von Norman Bates in Hitchcocks „Psycho“ in ein Etuikleid nebst Perlenkette zwängt, lässt sich weder logisch noch psychologisch nachvollziehen. Auch der Showdown, bei dem der alte Mann – so berichtet es Charlotte in der Rückschau – plötzlich „ganz ruhig da steht und brennt“, entbehrt jeder Wahrscheinlichkeit. Da wollte eine Jungdramatikerin tragisch poetisch sein und hat sich rettungslos im Ungefähren verloren. Die Regie kann da auch nichts mehr retten.