Ensemblebild aus „Monte Rosa“ an den Wuppertaler Bühnen

Kammerspiel auf Berggipfeln

Teresa Dopler: Monte Rosa

Theater:Schauspiel Wuppertal, Premiere:07.12.2024Regie:Peter Wallgram

In Peter Wallgrams Inszenierung von Teresa Doplers „Monte Rosa“ am Schauspiel Wuppertal stehen drei gute Schauspieler auf der Bühne. Doch trotz des eigentlich gruseligen Plots und Doplers skurrilem Text gerät der Abend recht erwartbar.

Diese drei namenlosen Gesellen, die Teresa Dopler und ihr Regisseur Peter Wallgram vor ein malerisches Alpenpanorama setzen – sind das wirklich Bergsteiger? Oder sind das, A, B und C, wie sie sich schlicht nennen, ominöse Figuren, die sich wichtigmachen, die irgendetwas prätendieren, um ihre Männlichkeit aufzuwerten? Stefan Walz, der „größer ist als die meisten“, wie er stolz bekundet, der wuchtige, aber zugleich sehr verletzbare Alexander Peiler, schließlich Kevin Wilke, der „Teenager“: Sie haben zwar komplette Bergsteigermonturen dabei (während ihre Helme dauernd verlorengehen), aber sie kraxeln weniger, als dass sie fragwürdiges Zeug quatschen. Vielleicht sind das einfach drei Loser, die in einem Panoptikum auf irgendeinem Jahrmarkt posieren.

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Psychologisches Kammerspiel auf Berggipfeln – darin liegt natürlich ein hübscher Widerspruch. Das Panorama auf der kleinen Bühne im Theater im Engelsgarten kann da gar nicht farbenfroh genug gemalt sein. Der Autorin Teresa Dopler („Monte Rosa“ wurde vor ein paar Jahren zu den Mülheimer „Stücken“ eingeladen) geht es in ihrem skurrilen Text offenbar darum, „männliche“ beziehungsweise männlich gelesene Attitüden zu entlarven.

Bergsteigen als Metapher für das Leben?

Den „Teenager“ juckt es kaum, dass einer seiner Mitstreiter (angeblich?) Opfer eines Steinschlags wurde. Körperliche Eigenschaften und Fähigkeiten kontrollieren die Drei gegenseitig sehr penibel. Bergsteiger müssten glücklich sein, sagen sie, sonst wären sie keine brauchbaren Bergsteiger. Hinter der Maske des Wohlwollens und der Kumpanei verbergen sich Argwohn, Neid und Hass.

Ist das alles? Oder öffnet sich ein Türchen zu einer zweiten Ebene, zu einer Parabel? Man kann sich das vorstellen, wenn vor allem der „Teenager“ seine Seilpartner nach Belieben austauscht: Wer schlappe Muskeln hat oder keine Witze erzählen kann („Treffen sich zwei Bergsteiger…“), wird sitzen beziehungsweise hängen gelassen. Ist also das Bergsteigen eine Metapher für das „Leben“, spezifischer für das Beziehungsleben, wenn nicht „funktionierende“ Partner und Partnerinnen rücksichtslos abgestoßen werden?

Fehlende Schärfe

Plausibel wäre so eine Lesart schon. Aber müsste sie sich nicht deutlicher szenisch vermitteln? Unter Wallgrams Regie wird fein gespielt, wenn auch naturgemäß etwas statisch, denn eine zweite Formebene, etwa körperlicher oder körperakrobatischer Art, gibt es nicht. Zwischen den einzelnen Short Cuts dröhnt irritierend laute Musik. Jenseits des subtilen Sprachwitzes vermisst man eine gewisse Schärfe, vielleicht sogar den einen oder anderen Schockmoment, einen Schmerzfaktor, irgendetwas, das sich unvergesslich einprägt.

Trotz des teilweise gruseligen Plots mit Steinschlägen, Gletscherspalten und mehreren Toten plänkelt der kurze Abend ein wenig erwartbar, geradezu wohlgefällig und, ja, alles in allem recht harmlos dahin. Man hat in Wuppertal offensichtlich „Rollenfutter“ für drei gute Schauspieler gesucht und gefunden. Mehr war nicht drin, aber, bitte – es ist schließlich Advent.