Dabei gelingen Pia Richter bei ihrem Regiedebüt durchaus eindrucksvolle Szenen: Die bizarre Karte, ganzer Stolz des Erderkunders (Patrick Isermeyer), wächst im Vitrinen-Turmzimmer zum Gebirge. Aus einem Kohleeimer malt er eine weitere Karte, während im Glasschrank nebenan auch gezeichnet wird – in Weiß diesmal, doch der Glasreiniger wartet schon. Schön hintersinnig auch, wenn der Vater (diesmal Thomas Braungardt) seine „Entdecker und Eroberer“ spielenden Kinder fragt, wie man das denn spiele – und ein Selfie auf dem Pappelefanten macht. Aber auch mit seinen und unseren Klischees suchen Stück und Inszenierung die Konfrontation: Da wird auf Kisten und einer Topfpflanze „afrikanisch“ getrommelt; der „Eroberer“ wäscht mit Mangoessen den Geschmack seiner „wilden“ Geliebten weg. Ihren Namen will er gar nicht lernen, tauft sie „Pearl“ und spricht „Ficus“ wie „Fickus“ aus.
Doch leider fädelt Pia Richter zwischen die oft monologischen Szenen zuviel Action und Effekte, da wird getanzt und getobt, der Plastikhummer zur Siegestrophäe: Das wirkt, als traue sie dem Text allein nicht so ganz. Das verstärkt sich, als die Figuren zur Filmcrew werden, die das bisher Gesehene spiegeln. Ob der Geograf jemals aus seinem Turmzimmer herauskam, bleibt unklar, das TV-Team aber jettet dorthin, trifft statt auf Löwen auf Menschen, Megacitys, Elend. Paulina Bittner und Anne Cathrin Buhtz geben nun die toughen Frauen mit Kamera und Mikrofongalgen, reden blasiert, bebildern, was sie immer schon gewusst haben. Während das stilisiert-gemalte Meer alle zu holen droht, spielen sie „Schiffeversenken“. Und so geht am Knalleffekt-Schluss der 80 Minuten die leise Botschaft fast unter. Denn Magdalena Schrefel zieht bewusst den Bogen vom Geografen zu heutigen Flüchtenden. Während sie es nicht mal übers Meer schaffen, können die Filmer mit Taxi und Flugzeug nach Hause. Ein starkes Stück.