Seine Kostüme sind eine Augenweide, wie überhaupt die Entwürfe von Mascha Milena Bischoff bestechen – durch ihre Farbenfreude, ihre Vielfalt und vor allem ihre schiere Menge. Aber am Kostümbild zeigen sich auch dramaturgische Unschärfen. So sehen die Clowns zu Beginn viel zu geschmackvoll aus, viel zu sehr nach Kunst, nach Zirkus statt Karneval, sozusagen zu wenig abgestanden. Ist Karneval nicht auch immer Herdentrieb? Warum soll in Köln sonst ein Rosenmontagszug im Fußballstadion stattfinden?
Geschmackvolle Loop-Schleifen
In stärkerem Maße befremden die musikalischen Arrangements von Frieder Blume, bei denen überdies (zu) selten das Tempo variiert wird. Die musikalische Gestaltung folgt in keiner Weise dem im Umgang mit den Texten vorherrschenden Prinzip der entlarvenden Bloßstellung. Schlager wie das „knallrote Gummiboot“ oder „Ein bisschen Spaß muss sein“ werden fragmentiert und, versehen mit Beats und zeitgemäßem Sound, in geschmackvolle Loop-Schleifen gelegt. Die durch wirkungsbewusste musikalische Simplizität erzeugte, enthemmende (Un-)Bekömmlichkeit dieser Lieder, die ja ein wesentliches Element des Massenphänomens Karneval ist, wird bewusst nicht freigelegt. So findet der verstehbare Angriff akustisch keine sinnliche Unterfütterung, funktioniert die Musik eher als ausdrucksneutrales Mittel der Distanz – oder geht es hier um ein ironisch-grimmiges Statement zum Thema „Kulturelle Aneignung“?
So bleibt es bei momentweiser Erschütterung. Der Zuschauer, die Zuschauerin, die sich nicht als Anhängerin oder Anhänger des Karnevals begreift, mag bestätigend mit dem Kopf nicken, auch Bedrängnisse wahrnehmen, mit denen er oder sie vorher nicht konfrontiert war. Aber reicht das für einen Theaterabend? Und wie mögen sich die wenigen Menschen gefühlt haben, die kostümiert ins Theater kamen, einer Werbung des Hauses folgend, dass es – diesen – „Karneval“ dieses Jahr ausschließlich in Oberhausen gebe?
Offen wütend gerät das Schlussbild: „Jecken raus!“ wird auf die Bierfass-Wand projiziert. Das ist einerseits natürlich ein konsequentes Ende dieses in vielen Komponenten brillanten Theaters der Haltung und Wertung. Andererseits: Mach kaputt, was dich kaputt macht? Schließe aus, was dich ausschließt? Kennen wir das nicht zu gut? Tut nicht, auch wenn das Thema relevant, die Haltung wichtig und nachvollziehbar ist, vor allem Verständigung not? Auch und gerade auf der Theaterbühne?