Der Übergang zu Kurt Weills „Die sieben Todsünden“ (Text: Bertolt Brecht) gelingt fließend. Jetzt ist die Mutter als Anna 2 in der Opferrolle. Die züchtig gekleidete Anna 1 (Inga Schäfer) verliert ihre Moral im kapitalistischen System (Kostüme: Pia Salecker). Und rät Anna 2 im schnellen Walzer „Stolz“: „Tu, was man von dir verlangt und nicht, was du willst, dass sie von dir verlangen.“ Die vierköpfige Familie (mit geschmeidigem Comedian-Harmonists-Sound: Roberto Gionfriddo, Jin Seok Lee, Junbum Lee, John Carpenter) macht sich im Haus breit und kommentiert zynisch das Geschehen. Das Philharmonische Orchester Freiburg spielt Kurt Weills eingängige, mit Banjo und Saxofon, mit Synagogengesang, Foxtrott und Walzer gewürzte Musik in der uraufgeführten Fassung für 15 Spieler von HK Gruber und Christian Muthspiel präzise und süffig (Leitung: Ektoras Tartanis).
Inga Schäfer verleiht den Songs die genau richtige Mischung von Leichtigkeit und Pathos, das am Ende beim Marsch der siebten Todsünde „Neid“ zu dissonanten Akkorden zunimmt: „Iss nicht und sei nicht träge, die Strafe bedenk, die auf Liebe steht. Bedenk, was geschieht, wenn du tätst, was dir läge, nütze die Jugend nicht, denn sie vergeht.“ Am Ende wird das Drama von „Motherland“ fortgesetzt und eskaliert. Nora Buzalka schreit als lieblose Mutter, die zum Monster wird: „Ich habe Dich erschaffen, mein Kind!“, während sich Sinja Neumann als Tochter ihren Tod wünscht, bevor sie am Ende nochmals die Stimme hebt: „Wir werden gewinnen, versprochen!“