In 70 Minuten klingt alles ebenso durchsichtig wie pointiert und manchmal fast improvisiert, weil gerade mal fünf Musikerinnen und Musiker auch als Darsteller von Tieren agieren, so Tubist Jack Adler-McKean als wunderbar melodisch und aufgekratzt röhrendes Rentier namens Bo, das Gerda zur Schneekönigin nach Lappland führt. Klarinettistin Jone Bolibar Núnez kann als Krähe auch herrlich krächzen und Cellistin Louise Leverd ist mit allerlei Glissandi eine redselige, aber verhuschte Taube. Henriette Zahn am Klavier blüht als Blume und Daniel Eichholz schließlich trommelt als Schlagzeuger nicht nur auf eine Mülltonne entfesselt ein.
Für all das braucht es keine Noten und keinen Dirigenten, aber eben vielseitige Musiker und vor allem Sängerinnen und Sänger, die nicht zuletzt gut sprechen können wie Larissa Wäspy als Gerda, Martin Gerke als Kay, der auch unter den Räubern sich versteckt, Alexandra Ionis als Prinzessin, Räubertochter und Lappin, Hanna Plaß als Schnee-, Blumen- und Räuberkönigin.
Und wenn am Ende nicht wie im Original die Tränen Gerdas das zu Eis erstarrte Herz Kays schmelzen lassen und den Splitter aus seinem Auge waschen, sondern seine eigenen Lachtränen, dann ist auch das eine zarte, aber durchaus sinnige Änderung dieser neuen Version von Andersens vielschichtigem Kunstmärchen, das hier auf seinen Kern reduziert ist, sich aber als charmantes Musik-Theater-Spiel entfaltet.