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Die Illusionsmaschinerie

Arrigo Boito: Mefistofele

Theater:Staatstheater Mainz, Premiere:06.09.2013Autor(in) der Vorlage:Johann Wolfgang von GoetheRegie:Lorenzo FioroniMusikalische Leitung:Hermann Bäumer

Das Mainzer Opernpublikum ist hin und weg: es gluckst und kichert, am Ende will der Applaus nicht aufhören. Dieser Teufel, gesungen von Kammersänger Hans-Otto Weiß, hat mit seinen Taschenspielertricks ihre ganze Sympathie. Wirklich zum Fürchten ist der nicht und richtig, die Wundmale am Rücken erinnern daran, dass er – der gefallene Engel – auch mal auf der anderen Seite, der guten, stand. Seine besten Zeiten hat der Zauberkünstler à la David Copperfield mit Schlaghose und halboffenem Hemd offensichtlich schon hinter sich.

Da geht’s dem Mefistofele in Lorenzo Fioronis mitreißender Inszenierung nicht anders als dem lieben Gott. Der sieht aus wie die alten Zausel von CC-Top und nicht wie ein mächtiger Strippenzieher oder Schöpfer der Welt, deren Entstehung im Film noch mal vor Augen geführt wird. Die Bühne von Paul Zoller: eine Zeltkonstruktion mit überdimensionaler alter Filmkamera und allerlei anderem technischen Gerät, das diese Illusionsmaschinerie in Gang hält. Hier zersägt der schwarze Meister eine Jungfrau, hier springt der verjüngte Faust (glänzend: Gaston Rivero) halbnackt und außer Rand und Band wie ein Gummiball umher; die Walpurgisnacht wird hier gefeiert. Das Gretchen ist in Mainz auf zwei Sängerinnen verteilt: zunächst gibt Tatjana Charalgina glockenhell die automatenhafte Männerprojektion à la E.T.A. Hoffmanns und Jacques Offenbachs „Olimpia“, dann im 3. Akt ist Vida Mikneviciute, gekleidet wie einst Hollywood-Stars à la Grace Kelly, eine Margherita, die tief anrührend vom toten Kind und dem erlittenen Unrecht singt. Die klassische Walpurgisnacht – bei Fioroni/Zoller der Ausflug einer sehr komischen Reisegruppe im Rentenalter zu den Überbleibseln der griechischen Antike, angeführt von Helena, der schönsten Frau der Welt, als Reiseleitung.

Mit Arrigo Boitos „Mefistofele“ -Oper, die Goethes ‚ganzen‘ Faust im Blick hat, ist dem Mainzer Theater im Verdi- und Wagner-Jahr ein toller Coup und hinreißender Saisonauftakt gelungenen: Fioronis frech-ironischer Zugriff auf das selten gespielte Werk überzeugt. Pathetisch und trivial, geht es doch auch voller Leidenschaft ums große Ganze, darum, was die Welt im Innersten zusammenhält. Aber da, am Ende des dreistündigen Abends, fangen die Bühnenarbeiter schon an, Bühnenbild und Requisiten zusammenzupacken und abzuräumen. Es ist eben alles nur Theater.