Nach der Pause gibt es einen stilistischen Bruch. Weg sind die weißen Wände, weg die Illusion. Nun ist es „schwarz“ und die Szenen werden von Angst dominiert. Die Deutschlandfahne wird in schwarz-weißen Abfärbungen aufgehangen. Der Bezug zur aktuellen Lage in Deutschland könnte nicht deutlicher sein. Zuvor wurden nur Andeutungen gemacht, dass das „blaue Wunder“ kommen würde. Im Spielzeitheft des Theater Paderborn wurde man bereits konkreter: Neben den Informationen zu „Andorra“ werden in einer Grafik die Wahlergebnisse der NSDAP 1928 und 1932 sowie der AfD 2013 und 2017 gegenübergestellt. Daneben die Nennung von etwa sechs Millionen Toten während des Holocaust und die von 681 antisemitischen Straftaten im ersten Halbjahr 2017 in Deutschland. Die AfD stellte daraufhin eine Anzeige wegen Verleumdung.
Aber im zweiten Teil des Abends geht es nicht um eine konkrete Partei, sondern um die gesamte Gesellschaft. Die „Schwarzen“ sind in Andorra eingefallen und die Bürger müssen zu einer Judenschau. Die Andorraner hätten nichts zu befürchten und noch geben sie sich dieser Illusion hin. Neben einem roten Glitzerkostüm trägt die weibliche Judenschauerin den Kopf eines Deutschen Schäferhundes. Eine weitere Anspielung auf Deutschland war wohl noch nötig. Dieser Auftritt passt nicht zu der sonst stimmigen Inszenierung. Die Andorraner zeigen auf Andri und er wird mitgenommen. Die Proteste seines Vaters und seiner Ziehmutter sind zwecklos und alle anderen schweigen. Wo am Anfang noch zu viele Worte waren, will nun niemand mehr etwas sagen. Doch eine ganze Gemeinschaft hat sich mitschuldig gemacht. An diesem Abend wird einmal mehr deutlich, wie aktuell Frischs Drama ist. Und wie wichtig, dass es gezeigt wird.