Zunächst mal: Wie so oft im Tanz braucht es den intellektuellen Überbau nicht zwingend, zumal Perez nie plakativ bildhaft wird. Zahlreiche Solo- und Ensembleszenen (alle barfuß) sind so assoziationsreich und ausdrucksstark umgesetzt, dass Themen von sozialer Isolation, Verbundenheit, humoristisch-tänzelndem Sich-Ausprobieren oder das Spielen mit Geschlechterstereotypen in der Paarbildung auch autark und fern eines digitalen Panoptikums funktionieren. Vieles oszilliert zwischen der Suche nach Nähe und schlichter Gemeinschaft einerseits und der Verzweiflung am eigenen Selbst in all seinen Facetten andererseits. Hier noch sitzt eine Achterkette von Tänzerinnen und Tänzern am Boden, reicht sich amüsiert die Hände in immer wieder neuen Verschränkungen (Pina Bausch lässt grüßen), wälzt sich bald schon das Ensemble in kraftvollen, elastischen Drehungen über den Boden, jeder für sich allein.
Trotzdem findet der junge, international bereits erfolgreich etablierte Spanier auch bestechende Bilder, um Assoziationen zur Technik-Generation im artifiziellen Bühnenbild vom Londoner Kollektiv United Visual Artists in Szene zu setzen, das aus drei herabhängenden, Tablet-ähnlichen und seitlich beleuchteten Quadern besteht, die drehbar eingesetzt werden, um Räume zu begrenzen oder blitzschnell aufzulösen. Später dienen diese Hänger als Projektionsfläche für die grünen Punkte von Laserpointern, mit welchen alle Tänzer ausgestattet sind und – liegend, zuckend, drehend, laufend – damit diverse Gruppendynamiken durchexerzieren. Wer (welcher Punkt) rennt hier wem hinterher, ist Anführer oder abgehängt?
In einer der stärksten Szenen des Abends gehen alle Company-Mitglieder nebeneinander auf einem Catwalk die Bühne ab, jeder auf seiner Linie vor und zurück, jeder mit ganz individuellen Bewegungsrepetitionen. Eine junge Frau, die mittig läuft und verzweifelt dem Publikum immer wieder die Hand entgegenstreckt, vor und zurück, schüchtern, sich windet, neu losläuft, und doch innerlich wieder zusammenfällt, ihr Flehen lässt einen nicht mehr los. Vielleicht ist die Generation der „Millennials“ genauso hilflos, wie es alle zuvor schon waren.